Andreas Scalet

Kommentar

Andreas Scalet

Mit einem Bein im Kriminal

Markt / 24.06.2015 • 22:31 Uhr

Untreue-Paragraph – das klingt ganz eindeutig nach Verbrechen. Und der Paragraph im Strafgesetzbuch wird wohl auch bei dem einen oder anderen Dunkelmann (oder gegendert: Dunkelfrau) zurecht angewendet, wenn er (oder sie) sich am Geld anderer vergreift. Doch der Untreue-Paragraph straft auch dort, wo das wirklich fehl am Platz ist.

 

Der Paragraph 153 StGB bedroht nämlich ganz konkret Unternehmer und Geschäftsführer – er hindert Unternehmen an dem, was schon ihr Name bedeutet: am Unternehmen. Er bestraft unternehmerische Initiative, weil er die Rute im Fenster ist, wenn neue Geschäftsideen gewälzt werden. Wer wissentlich Risiko eingeht, macht sich eigentlich der vorsätzlichen Untreue schuldig. Denn wenn sich die vermeintliche Innovation als Rohrkrepierer am Markt erweist, greift der Vorwurf der Untreue.

 

Damit wird jegliches unternehmerische Handeln im Keim erstickt – große Unternehmen, erfolgreiche Produkte – sie wären nie entstanden, hätte man die großen Wirtschaftspioniere so geknebelt, wie es mit einem falsch verstandenen Untreue-Straftatbestand geschieht. Der Paragraph soll nun novelliert werden: gut. Weniger gut ist, dass es genug Befürworter einer noch strengeren Handhabung dieses Gesetzes gibt, die mit Vorverurteilungen den Unternehmern verbrecherische Absichten unterstellen. Und damit in Tat und Wahrheit nicht der Gerechtigkeit dienen, sondern dem Standort schaden.

 

Risiken einzugehen, ist Teil des normalen Wirtschaftslebens. Es ist tatsächlich eine der Voraussetzungen für Erfolg. Die Geldgeber – sei es der Kreditgeber, seien es Aktionäre oder Besitzer eines Unternehmens – wissen, dass aktives Unternehmen auch schief gehen kann . Wessen Geld wird also veruntreut? Das muss der Gesetzgeber klar regeln, denn sonst stehen Unternehmer ständig mit einem Bein im Kriminal. Einer wirtschaftlichen Weiterentwicklung des Standortes steht das direkt entgegen. Es wird auch Unternehmen abhalten, sich in unserem Land anzusiedeln, wenn es in Europa genug Staaten gibt, die um die Eigenschaften des Wirtschaftslebens wissen und berücksichtigen, dass Firmen bzw. deren Verantwortliche auch Fehlentscheidungen treffen könnten.

 

Eine Fehlentscheidung für das „Unternehmen Österreich“ wäre es, wenn es Unternehmer knebelt, ihr Engagement im Keim erstickt. Es wäre ein weiteres Minus für den Wirtschaftsstandort Österreich, der ohnehin ständig an Boden verliert gegenüber seinen Nachbarn.

Risiken einzugehen, ist Teil des normalen Wirtschaftslebens, es ist eine der Voraussetzungen für Erfolg.

andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862