Mehr Transparenz bei Normen

Markt / 16.07.2015 • 19:08 Uhr
Nicht nur am Bau verursachen Normen Bürokratie und Kosten. Das soll besser werden.  Foto: VN/Holzer
Nicht nur am Bau verursachen Normen Bürokratie und Kosten. Das soll besser werden. Foto: VN/Holzer

Normen greifen ins Leben von uns allen ein. Ein neues Gesetz soll den Umgang damit in Bahnen lenken.

Schwarzach. (VN-sca) Normen sind längst nicht nur ein Thema für Techniker. Sie greifen in unser aller Leben ein und werden immer mehr. Was genormt wird, hängt nicht vom Gesetzgeber ab. Jeder kann eine Norm vorschlagen bzw. beantragen. Das ist ein Grund dafür, dass es heute in Österreich rund 25.000 Normen gibt. „Die Normenflut nimmt Ausmaße an, die nicht mehr länger tragbar sind. Für die Bauherren steigen dadurch die Preise immer weiter an, und für uns als Bauunternehmer ist es mittlerweile unmöglich, den Überblick zu bewahren“, klagte der Innungsmeister der Vorarlberger Bauinnung, Peter Keckeis (60), erst am Samstag in den VN.

Über 40 Jahre alt

Normen schaffen allgemein verbindliche Standards für Wirtschaft und Konsumenten. Im Normengesetz, also der Norm für die Normen, wird geregelt, was überhaupt in ein solches Regelwerk gegossen wird, wer wie Zugang zu den Normen erhält und wie die Standards international abgestimmt werden. Es geht darum, wer Normen beantragen darf und wer bestimmt, was dann zur Norm wird. Im besten Falle sollen durch das neue Gesetz, das das noch geltende, über 40 Jahre alte Gesetz ablösen soll, die Zahl der Normen eingedämmt, die Bürokratie und vor allem Kosten auch für Endverbraucher reduziert werden.

Zwischen dem „Austrian Standards Institute“ (ASI), so heißt das 1920 gegründete österreichische Normungsinstitut seit 2009, und der Wirtschaftskammer Vorarlberg ist es in den vergangenen Jahren wiederholt zu Konflikten gekommen, die auch vor Gericht ausgetragen wurden. Vorarlberger Unternehmer drängten auf einen unentgeltlichen Zugang zu den mehr als 25.000 derzeit geltenden Normen (die VN berichteten). Der Präsident von Austrian Standards, Walter Barfuß (78), begrüßt zwar, dass ein neues Normengesetz in Angriff genommen wird, aber damit hat es sich auch schon. Das neue Gesetz sei nicht umsetzbar. „Neben zahlreichen sachlichen, wirtschaftlichen, interessenpolitischen und rechtlichen Irrungen und Wirrungen sind einige Vorschläge schlicht nicht machbar.“ Ganz anders Wirtschaftskammerdirektor Helmut Steurer (63) gegenüber den VN: „Nach langer Diskussion hat das Wirtschaftsministerium das Thema endlich angepackt. Auch das ASI sollte erkennen, dass es normenpolitischen Handlungsbedarf gibt und sich konstruktiv in die Diskussion einbringen“, sagt er in Richtung Barfuß und erinnert daran, dass der Verfassungsgerichtshof Ende 2014 entschieden hat, dass Ö-Normen frei verfügbar sein müssen, wenn der Gesetzgeber sie in Gesetze und Verordnungen übernimmt. „Diesem Prinzip wird nunmehr Rechnung getragen.“

Normen notwendig

In einem sind sich Barfuß und Steurer einig, nämlich dass es Normen braucht. Darüber, wie viele, gehen die Meinungen aber stark auseinander. Normen betreffen inzwischen jeden Bereich der Wirtschaft. Bei der Normenentstehung mangle es an jeglicher Prüfung, was die Grenzen betrifft. „Anstatt technische Spezifikationen vorzugeben, wird das Instrument Normung mehr und mehr dazu missbraucht, um eigennützige Interessen zu verfolgen oder, wie im Fall der Ö-Norm zur Bewertung von Bodenfunktionen, den Föderalismus auszuhebeln“, nennt Steurer ein Beispiel und hofft, dass das Gesetz alle Hürden meistert: wieder im Gegensatz zum ASI.

Mit Normen werden oft eigennützige Interessen verfolgt.

Helmut Steurer

Die Normen-Macher

» Österreichisches Normungsinstitut (Austrian Standards) gegr. 1920

» Mitarbeiter: 121, rund 3900 Experten in den verschiedenen Komitees

» Leitung: GF Elisabeth Stampfl-Blaha, Präs. Walter Barfuß

» Normen: ca. 25.000, erste Norm 1921 zur Regelung metrischer Gewinde

» Entwurf Normungsgesetz: Stellungnahmen bis 3. August