Unerhört: Akustiker vermuten Vorteile für Privatstiftung

Markt / 10.08.2015 • 22:18 Uhr
Umkämpfter Markt: Die Beratung zbei den Vorarlberger Hörgeräteakustikern ist aufwendig. Foto: VN/Archiv
Umkämpfter Markt: Die Beratung zbei den Vorarlberger Hörgeräteakustikern ist aufwendig. Foto: VN/Archiv

Hörgeräteakustiker wittern Wettbewerbsvorteil für institutionellen Mitbewerber.

SChwarzach. (VN) Das Geschäft mit der Schwerhörigkeit wird, glaubt man den Fachleuten, mit jedem Jahr profitabler. Denn seit Musik mittels Kopfhörer überall üblich ist, leiden immer mehr Menschen an Hörproblemen. Und sie brauchen über kurz oder lang statt der stylischen Kopfhörer hochsensible Hörgeräte.

Ein Stück vom Kuchen

Klar, dass von diesem Kuchen auch große nationale Anbieter wie Hartlauer, Neuroth oder Hansaton ein gutes Stück abschneiden wollen. Immerhin kann so ein Gerät mehrere Tausend Euro kosten – schon die Basisversion belastet die Kasse des jeweiligen Sozialversicherungsträgers mit mindestens 792 Euro (siehe Factbox). Ein lukrativer Markt, den sich in Vorarlberg die besagten Ketten, die gewerblichen Hörgeräteakustiker und seit 2010 die LZH Gmbh des Landeszentrums für Hörgeschädigte in Dornbirn, das in den vergangenen Jahren in die Offensive gegangen ist und zwei Niederlassungen in Röthis und Bludenz gegründet hat, teilen.

Das Vorarlberger Landeszentrum für Hörgeschädigte steht seitens der gewerblichen Konkurrenz im Verdacht, sich als Stiftung und „quasi“ als Landesinstitution Vorteile zu verschaffen. Und wird in dieser Ansicht vom Linzer Wettbewerbsrechts-Experten Johannes Hintermayr (63) unterstützt, der seine Sicht der Dinge Landesrätin Katharina Wiesflecker kundgetan hat. Er fordert sie auf, die Subventionen für das Landeszentrum zu streichen, sollte nicht eine klare Trennung zwischen Landeszentrum und dem Hörgeräteanbieter LZH durchgeführt werden.

Er geht bei seiner Argumentation ins Detail: Der Auftritt der Stiftung sei bewusst so gewählt, dass Kunden und Patienten keinen Unterschied zwischen Firma und den anderen Bereichen des Hörzentrums erkennen können. Für ihn ist klar, dass die Patienten die Leistung der angegliederten Firma wie selbstverständlich in Anspruch nehmen und diese dadurch einen Wettbewerbsvorteil für sich lukriere – zuungunsten der anderen Hörgeräteakustiker. Hintermayr zur VN: „Es unterbleibt eine aufklärende Information.“

Das sieht der Obmann der Stiftung, Johannes Mathis (54), ganz anders. In keinster Weise verzerre man den Wettbewerb zugunsten der hundertprozentigen Hörzentrum-Tochter. Im Gegenteil: „Wir kümmern uns um die besonders komplizierten Fälle. Dafür sind uns die Mitbewerber dankbar, weil sie oft gar nicht die Zeit und die Möglichkeiten haben, so intensiv auf die Patienten einzugehen.“ Im Übrigen werden die Gewinne aus dem Unternehmen, das 13 Mitarbeiter beschäftigt, dem Hörzentrum zugeführt, so Mathis. Johannes Mathis ist als Stiftungsvorstand auf Lebenszeit bestellt. Die Firma LZH GmbH wird von seinem Sohn Stefan (29) geführt.

Der Berufgruppensprecher in der Wirtschaftskammer, Hubert Mangold (57), will jedenfalls Klarheit. Seitens der Berufsgruppe sei deshalb der Bludenzer Optiker und Akustiker Thomas Bitsche (55) aktiv. Der gibt eine klare Stellungnahme zur vermuteten Wettbewerbsverzerrung „gegenüber den unabhängigen Hörgeräteakustikern in Vorarlberg“ ab. Bitsche spricht gegenüber den VN Klartext: „Vorweg: Das Vorarlberger Landeszentrum für Hörgeschädigte leistet hervorragende Arbeit. Allerdings kommt es durch die personelle, wirtschaftliche und räumliche Verflechtung von Privatstiftung, Hilfsverein und der gewerblichen Tätigkeit der LZH Hörtechnik GmbH zu Allianzen, die dringend überprüft werden müssen. Ich gehe davon aus, dass das Land Vorarlberg, von dem ja erhebliche Mittel in diese Privatstiftung fließen, eine sofortige Prüfung einleiten wird, um eventuelle gesetzwidrige Unregelmäßigkeiten aufzudecken.“

Das Land, das im Vorstand des Vereines durch die Leiterin des Landesschulrates, Evelyn Marte-Stefani (54), vertreten ist, will mit der Sache bislang nichts zu tun haben. „Es handelt sich um ein privatrechtliches Unternehmen, auf das das Land keinen direkten Einfluss hat.“ Und weiter: „Das Land kann auch nicht direkten Einfluss auf die Privatstiftung oder den Hilfsverein nehmen.“ Immerhin: „Wir werden das LZH darauf aufmerksam machen, dass aufgrund der neutralen Beratung in diesem Bereich die Darstellung der LZH Hörtechnik auf der Homepage des Landeszentrums zur Einstellung des Auftrages führen kann, weil die Neutralität nicht mehr gewahrt wird.“ Für den Wettbewerbsrechtler  ist dies aber zu wenig, er fordert vom Land gegebenfalls einen Subventionsstopp für das Landeszentrum für Hörgeschädigte, falls es keine klare Trennung gibt.

Teure Geräte

Zuzahlungspreise bei Kassenbewilligung. Tarif der Sozialversicherung für eine einseitige Hörgeräteversorgung: Euro 792,- (exklusive Selbstbehalte). Tarif der Sozialversicherung für eine beidseitige Hörgeräteversorgung: Euro 1425,60 (exklusive Selbstbehalte). Leistung der Krankenkasse beinhaltet Hörgeräte und Otoplastik für fünfjährige Benützungszeit, Anpassung, Schulung und Unterweisung.