Ausbildung mit Image-Problem
Die duale Ausbildung hat es von Jahr zu Jahr schwerer, vor allem in den Köpfen der Erziehungsberechtigten. Denn die einen wollen partout, was sie oft selbst nicht hatten: eine schulische und hernach akademische Karriere für den intelligenten Nachwuchs. Den anderen ist die Karriereplanung ihrer Kinder wurst. Irgendwo dazwischen gibt es die Lehre, die immer weniger Anklang findet. Aber nicht wegen der immer wieder hervorgekramten Demografie, sondern weil der „Exportschlager Lehre“ (O-Ton WKÖ-Präsident Leitl) im Land derzeit nicht der Schlager ist.
Ein Grund für diesen schweren Stand: Das oben angesprochene lädierte Image, zu dem rätselhafterweise oft Menschen beitragen, die ihre erfolgreiche Karriere genau diesem Ausbildungsweg zu verdanken haben. Die wollen, dass ihre Kinder etwas „Besseres“ werden. Ist es denn wirklich besser, mit einem „Mag.“ vor dem Namen arbeitslos zu sein, bzw., Ziel vieler Eltern, in einem Amt zu amten? Oder doch mit dualer Ausbildung eine begehrte Fachkraft zu sein, um die sich Arbeitgeber reißen?
Zur „Qualität“ der Lehrlinge: Unternehmer urgieren seit Jahren, dass wesentliche Bildungsbasics bei Antritt der Lehre fehlen. Das Vorwissen sei in den letzten Jahren deutlich dürftiger geworden, sagen die Personalverantwortlichen. Das können sie auch anhand ihrer Aufnahmetests belegen. Eine gute Ausbildung beginnt nicht erst in der Lehrwerkstatt, sondern schon in der Volksschule. Hier muss der Hebel angesetzt werden, wenn man die Durchfallsrate bei der Lehrabschlussprüfung verbessern will. Das gilt übrigens auch für Maturanten. Wenn ich mich richtig erinnere, haben Vorarlberger Maturanten ihre Schwierigkeiten, wenn sie eins und eins zusammenzählen müssen. Sie hatten auch im Bundesdurchschnitt die schlechtesten Mathe-Ergebnisse, wie sich anhand der Zentralmatura nun leicht feststellen lässt.
Die Lehre diente lange genug unseren Politikern und Interessenvertretern dazu, sich in Szene zu setzen. Jetzt braucht es einen Weckruf und entsprechende Rahmenbedingungen, um die Attraktivität zu erhöhen. Eine breite Diskussion kann nicht schaden, das Image der beruflichen Ausbildung zu heben und Dinge zu verbessern: Zum Beispiel mit der Wiedereinführung der Zwischenprüfung, die Lehrherren und Lehrlingen zur Mitte der Lehrzeit Auskunft über den Stand der Ausbildung gibt; oder mit der Forcierung von Lehre und Matura: Damit dem Hunger vieler Eltern nach akademischer Bildung des Kindes auch Genüge getan wird.
Vorarlberger Maturanten haben ihre Schwierigkeiten, wenn sie eins und eins zusammenzählen müssen.
andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862
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