Aus Omas Keller in die weite Welt

Stefan Grabher gründete „Mary Rose“ vor 25 Jahren in der Garage seiner Großmutter.
Dornbirn. (cro) In einem ganz normalen Keller im Haus der Großmutter startete Stefan Grabhers Erfolgsgeschichte. „Da hatten wir jede Menge Stoffballen gestapelt“, erzählt der Heimtextilien-Produzent vom Jahr 1990, als er gemeinsam mit einem Partner „Mary Rose“ gründete. „Immer wieder verkauften wir auch welche davon, denn wir mussten ja schauen, dass wieder Geld in die Kassa kommt.“ Der Dornbirner erinnert sich gerne an die Anfänge zurück: „Das Festnetz stand im Wohnzimmer“, lehnt er sich lachend zurück. „Damals, im Jahr 1990, gab es ja noch keine Handys. Für die Leute war es dann immer wieder lustig, wenn meine Oma ans Telefon ging.“
BSCI und Fair Wear
Heute ist aus dem einstigen Keller-Start-up ein international agierendes Großhandelsunternehmen geworden. Mit Produktionsstandorten in Rumänien, der Türkei sowie in China und Indien. „Wir leben in einer globalen Welt, daran lässt sich nichts ändern“, sagt der Unternehmer und lässt erst gar keinen schalen Beigeschmack aufkommen. „Die Frage lautet vielmehr: Wie gehen wir damit verantwortungsvoll um?“ Grabher legt nämlich ein ganz klares Bekenntnis zu weltweit nachhaltigen Arbeitsbedingungen in den Fabriken ab, in dem seine Unternehmen BSCI und Fair Wear (FWF) zertifiziert sind. Diese Zertifizierungen bestätigen die Einhaltung der Gesetze, der Arbeitszeit, Verbot von Kinderarbeit, Verbot von Zwangsarbeit und Disziplinarmaßnahmen, faire Bezahlung, das Recht auf Tarifverhandlungen, betriebliche Gesundheitsförderung und mehr. Auch am Standort Dornbirn liegt ihm soziales Engagement am Herzen. Die Hirse- und Dinkelkissen beispielsweise werden von der Lebenshilfe in Dornbirn gefüllt.
Karriere mit Lehre
Der 50-Jährige ist seit 1981 in der Textilbranche tätig, sowohl im Einzel- als auch im Großhandel. Seine Ausbildung hat er zuerst im Lebensmittelhandel begonnen, dann im Modefachhandel beendet. Stefan Grabher kann sich also mit Recht den Slogan „Karriere mit Lehre“ an die Fahne heften. „Aber nur, weil ich ein komplett schulisches Desaster war“, zeigt er sich selbstkritisch. „Bei meinen beiden Töchtern sehe ich jetzt, welche tollen Möglichkeiten auch die Schule bietet.“ Nichtsdestotrotz hat er einen erfolgreichen Weg zurückgelegt. Mit einer klaren Strategie, die sich bewährt hat. „Es anders zu machen als die anderen, stand bei uns im Vordergrund und ist uns bis heute ein Anliegen.“ So unterscheiden sich Stil und Design der Produkte von Anfang an. Damals wie heute zeichnet der Unternehmenschef persönlich dafür verantwortlich. Die Inspirationen holt er sich auf seinen Reisen. „Etwa vier Monate im Jahr bin ich unterwegs“, erzählt Grabher, „das macht mir unheimlich viel Spaß.“ Alles, was ihm dabei ins Auge sticht, ist später bei Mary Rose in Dornbirn erhältlich. Wie beispielsweise die Tischwäsche aus Vietnam, deren Strickerei nostalgische Gefühle wecken oder Trockensamen aus Nigeria, die der Dekoration einen raffinierten Touch geben. Besonders viel Freude bereitet ihm ein Projekt des deutschen Entwicklungsministeriums. „Die handgemachten Körbe verbinden Tradition mit neuem Design und Produktentwicklung mit dem Ziel, die Lebensbedingungen der Jemeniten zu verbessern“, weiß Grabher.
Stoffe sind Kulturgut
Grabher sieht auch in der Verwendung von Materialien einen wertvollen Weg, um in seinem Unternehmen die ökologischen und sozialen Aspekte weiter auszubauen. „Das ist Rami, eine Bastfaser, die fast in Vergessenheit geraten ist“, zeigt er ein Gewebemuster. „Sie wird aus der brennnesselartigen Kapokpflanze gewonnen. Deren Wachstum kommt ganz ohne Insektizid- und Düngemitteleinsatz aus.“ Er zeigt weitere Beispiele. „Das ist edel verwobene Jute und das Leinen“, streckt er das Gewebe zum Angreifen entgegen. „Für mich sind Textilien kein Konsumgut, sondern ein Kulturgut.“ Diese Denkweise entspricht seiner Philosophie. „Wir kaufen lieber weniger, dafür aber schöne und qualitativ hochwertige Dinge“, sagt der Geschäftsmann, für den bis dato Online kein Thema ist. „Das Internet ist nicht mein Weg, zu handeln“, ist er überzeugt. „Ich glaube, dass das haptische Erlebnis und der persönliche Kontakt das Um und Auf sind.“ Immerhin nehmen einige Kunden auch weite Wege in Kauf. „Sie kommen bis aus Genf oder Basel zu uns und verbinden den Einkauf gerne mit einem Ausflug in den Bregenzerwald.“ Weiter auf Wachstum zu setzen, ist für Grabher kein Thema mehr. „Meine Familie und ich, wir reisen gerne und viel, das wäre nicht mehr möglich, wenn wir weiter expandieren“, so Grabher.
Mary Rose
» Gründung: 1990
» Detailläden in Dornbirn und Innsbruck
» Produktion in Dornbirn (mit Lebenshilfe), der Türkei, Rumänien, China und Indien
» Großhandelskunden: Kika, Leiner, Lutz, Interio (CH), Pfister (CH) u.v.m.
» Mitarbeiter: 25 in Vorarlberg,
10 in Innsbruck, 250 weltweit
Zur Person
Stefan Grabher
Geboren: 30. Juli 1965
Familie: Ehefrau Andrea Grabher-Rhomberg, zwei Töchter: Antonia und Konstanze
Ausbildung: Einzelhandelskaufmann