“Der Sommertourismus wird immer relevanter”

Hannes Jochum freut sich auf die kommende Wintersaison. Am kommenden Freitag öffnen die Skilifte am Golm.
Vandans. Hannes Jochum ist seit zwei Jahren Geschäftsführer bei Illwerke Tourismus. Im Interview spricht er über die bevorstehende Wintersaison, die Herausforderungen und wieso das Montafon dringend Betten braucht.
Ihre berufliche Karriere ist bunt. Sie waren in der Versicherungsbranche, im Stadtmarketing, beim Volkstheater. Was reizt Sie an Ihrer heutigen Tätigkeit im Tourismus?
Jochum: Neben der Herausforderung, die Verantwortung in dieser Dimension zu übernehmen, war einer der Gründe, dass ich viele Dinge, die wir anbieten, auch privat gerne mache. Bewegen lautet unser Motto in der Firma, und das tue ich selbst gerne. Private Interessen vermarkten zu können, war für mich eine sehr interessante Option.
Welche Erfahrungen aus anderen Branchen können Sie für die jetzige Aufgabe nutzen?
Jochum: Wir haben viele Mitarbeiter, die ihre Lehre im Haus absolviert haben und immer noch da sind. Das ist ein großer Vorteil für uns. Ein anderer Vorteil ist aber auch, wenn man die Branche wechselt und von null einsteigt. Ich kann oft Dinge, die ich aus früheren Tätigkeiten gelernt habe, nun hier anwenden. Beim Stadtmarketing war zum Beispiel die öffentliche Hand Eigentümer, und das ist jetzt bei Illwerke Tourismus wieder so. Damit umzugehen habe ich gelernt, und das hilft mir.
Als Sie ins Montafon kamen, war gerade der Höhepunkt des Poolkarten-Streits. Wieso funktioniert es heute so gut?
Jochum: Das habe ich zuvor schon mitbekommen, aber bewusst wurde mir das dann bei der ersten Bergbahnpoolsitzung. Dort hat man das Knistern regelrecht gespürt. Beim Nachhausefahren hab ich mir gedacht, was tue ich hier? Aber ich bin ein Mensch, der nach vorne schaut und der Menschen verbindet. Die Kommunikation hat damals gefehlt. Durch den Wechsel von Georg Hoblik zu Peter Marko bei Silvretta Montafon hat sich schon etwas getan. Mit uns zusammen hat sich eine neue Dynamik entwickelt und ein neues Miteinander. Heute kann man sagen, wir sind mit dem Pool auf der Überholspur und gehen in eine zukunftsorientierte Richtung. Schließlich werden 60 bis 75 Prozent des Bergbahnumsatzes im Montafon über den Pool erwirtschaftet. Gott sei Dank haben wir also die Kurve gekratzt.
Das Angebot von Illwerke Tourismus ist breit gefächert. Welche Pläne gibt es für die Zukunft?
Jochum: Wir haben gerade die Skischule übernommen und versuchen Leute zu motivieren, es wieder mit dem Skifahren zu probieren. Zudem sollen Kinder angesprochen werden. Unsere Vision ist, dass man beim Skifahrenlernen von Kindern zuerst an den Golm denkt. Ein Trend ist, dass der Gast auch Alternativen sucht zum Skifahren. Darum haben wir unsere Rodelbahn verbreitert. Der Winter war lange das Kernthema. Der Sommer wird nun aber immer relevanter. Wir haben das früh erkannt und Angebote geschaffen. Mittlerweile machen wir 70 Prozent des Umsatzes im Winter, 30 im Sommer. Bei klassischen Bergbahnen ist das Verhältnis 95:5. Die Attraktivierung des Themas Wandern kommt uns extrem entgegen und darauf setzen wir. Wenn wir investieren, ist meine erste Frage immer: Funktioniert das das ganze Jahr? Der Sommer hat Entwicklungspotenzial, während der Winter eigentlich stagniert.
Sie sind auch Vize-Aufsichtsratsvorsitzender von Montafon Tourismus. Was sind die größten Herausforderungen?
Jochum: Das Relevanteste sind sicher die Hotelbetten. Die Situation ist keine einfache. Denn zwei Drittel der Betten sind privat, nur ein Drittel gewerblich. Und die Gesamtbettenanzahl ist zurückgegangen. Es geht auch um die Tourismusgesinnung, denn viele Junge wollen nicht übernehmen. Die Nachfolgeregelung ist also ein wichtiges Thema. Dazu müssen wir neue Investoren finden, die ein Hotel bauen. Dort sind wir einen Schritt zurück im Vergleich zu anderen Destinationen.
War es für Illwerke Tourismus nie ein Thema, als Hotelier selbst aktiv zu werden?
Jochum: Im kleinen Rahmen machen wir das bereits mit den Gästehäusern. Natürlich überlegt man sich, das Zepter in die Hand zu nehmen. Aber ich finde es für den Gast sympathischer, wenn ein Hotelier dahintersteht. Das macht den Charme aus, wieso ich einen Skiurlaub buche. Nicht dass man das Gefühl hat, dass eh alles zusammengehört. Unser Bemühen ist eher, dass wir Grundstücke, die für den Kraftwerksbau nicht relevant sind, aktiv anbieten für Hotels. Man darf auch nicht zu viel anpacken.
Am Freitag startet der Golm den Betrieb. Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die Wintersaison?
Jochum: Der Winter ist sichtbar, das ist schon einmal gut. Denn wenn es nach Weihnachten keinen Schnee hat, geht das wirklich ins Geld. Der beste Marketing- und Umsatzfaktor ist immer das gute Wetter. Im April, wenn bereits die Blumen sprießen, geht man lieber radeln. Darum haben wir lieber im Dezember die Chancen.
Beim Gondelbahnfahren suche ich ganz bewusst den direkten Kontakt mit unseren Gästen.

Zur Person
Hannes Jochum
Geschäftsführer Illwerke Gaststätten-Betriebsgesellschaft b.b.H. sowie Illwerke Seilbahn-Betriebsgesellschaft m.b.H
Geboren: 13. Oktober 1970
Ausbildung: Lehre als Einzelhandelskaufmann, Studium Betriebswirtschaft am Management Center Innsbruck
Laufbahn: fünf Jahre in der Versicherungsbranche, Geschäftsführer Feldkircher Werbe- und Tourismus GmbH, Geschäftsführer und Gesellschafter der Vorarlberger Volkstheater GmbH, Obmann der Werbegemeinschaft Feldkirch
Familie: verheiratet, drei Kinder