Eine Vereinbarkeit mit Lücken

Auf dem Weg zum familienfreundlichsten Land Europas gibt es noch viel zu tun.
Bregenz. Die Bemühungen sind durchaus erkennbar. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren tut sich langsam etwas beim Ausbau des Kinderbetreuungsangebots in Vorarlberg. Allein heuer gibt es 30 neue Gruppen mit insgesamt 380 Plätzen, sodass zu Jahresende schon gut 4000 Kinder einen Betreuungsplatz bis zum Kindergarteneintritt haben werden.
Nun hat Familienministerin Sophie Karmasin aber einen ehrgeizigen Plan: Bis zum Jahr 2025 soll Österreich das familienfreundlichste Land Europas sein. Das klingt vorbildlich. Allerdings muss man dafür Länder überholen, die Österreich in Sachen Kinderbetreuung bereits jetzt um Längen voraus sind. In Schweden beispielsweise liegt die Kinderbetreuungsquote bei Kindern unter drei Jahren bei 55 Prozent, in Dänemark sogar bei 62 Prozent. Und in Österreich? Das Land kommt auf rund 26 Prozent, Vorarlberg liegt darunter.
Öffnungszeiten und Angebot
Für den Ausbau der Kinderbetreuungsangebote stehen bis 2017 bundesweit 305 Millionen Euro zur Verfügung. Aber es hapert nicht nur an den Betreuungsplätzen für Unter-Dreijährige, sondern auch an den Öffnungszeiten. Denn nicht alle Kinderbetreuungseinrichtungen in Vorarlberg sind ganztätig geöffnet. Dazu kommt die hohe Zahl an Schließtagen – oftmals mehr als eine berufstätige Mutter Urlaubsanspruch hat. Ein „angenehmes und luxuriöses Niveau“ sei das in Vorarlberg noch nicht, bekennt Karmasin. Eine lückenlose Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei so nicht möglich.
Aber gerade diese Vereinbarkeit ist wichtig, wenn es in den Unternehmen um die dringend benötigten Fachkräfte geht, betont Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser. Familienfreundlichkeit sei als Standortfaktor unerlässlich. Sophie Karmasin setzt mit ihrer Initiative „Unternehmen für Familie“ genau bei den Unternehmen an. Die best-practice-Plattform soll bewusstseinsbildend wirken. Vor allem sollen Unternehmer voneinander lernen. In Vorarlberg hat sich die Rhomberg Gruppe der Initiative angeschlossen. „Ich glaube lieber einem anderen Unternehmen als einer Broschüre und Familienfreundlichkeit liegt uns als Familienbetrieb in den Genen“, begründet Hubert Rhomberg. Aber es sei wegen des Fachkräftemangels zudem auch eine zwingende Aufgabe. Bei Rhomberg setzt man auf flexible Arbeitszeiten sowie eine finanzielle und organisatorische Unterstützung bei der Kinderbetreuung. Das Ziel der Ministerin sieht der Baumeister als „erreichbar“, wenn alle mitmachen.
Um das ehrgeizige Ziel zu erreichen, müsste sich aber auch in der grundsätzlichen Haltung gegenüber berufstätigen Müttern noch etwas ändern, so Kritiker des Karmasin-Plans. Denn wenn in der gesellschaftlichen Realität berufstätige Mütter allzu oft gerne als „Rabenmütter“ bezeichnet werden, gibt es auch hier noch Aufklärungsbedarf.