Andreas Scalet

Kommentar

Andreas Scalet

Bitte keine Gouvernanten

Markt / 02.12.2015 • 22:18 Uhr

Es kommt die Zeit, da werden wir keine Schuhe mit Schnürung mehr bekommen. Man könnte über die Bändel stolpern und sich ernsthaft verletzen. Wer sich heute noch ohne Rückenprotektor  aufs Fahrrad setzt, muss sich ernsthaft fragen lassen, ob er mutwillig sein Leben auf Spiel setzt.

Die Regelwut beschränkt sich selbstverständlich nicht auf mögliche Verletzungsgefahren für Leib und Leben. Sie greift viel weiter und schränkt ein, was der Staat uns eigentlich gewährleisten sollte: Die Freiheit seiner Bürger, selbst zu entscheiden, wie man sein Leben und sein Umfeld gestaltet. Von diesem Grundsatz haben wir uns weit entfernt. Die Bürger werden an der Hand genommen und nicht mehr losgelassen; das verschafft der öffentlichen Hand eine gewisse Berechtigung und lähmt andererseits die Selbstständigkeit der Menschen.

Das kann bequem sein, wenn man keine Entscheidungen treffen will. Doch es ist ärgerlich, wenn man eigene Vorstellungen hat. Wer neu baut, hat zum Beispiel längst keine Chance mehr, die Wärmequelle seiner Wahl zu installieren. Gas und Öl haben gegen die Alternativenergielobby verloren, obwohl in diesen Bereichen längst mit modernsten Technologien effizient geheizt werden kann. Aber weil nicht sein kann, was nicht sein darf, wurde einfach darauf vergessen, öffentlich zu machen, wie mangelhaft und ineffizient Solaranlagen funktionieren.

Eine Bevormundung der Bürger hat für die Obrigkeit unbestritten ihre Vorteile: das Volk ist unter Kontrolle, alle Bedürfnisse abgedeckt, sämtliche Gefahren ausgeschaltet.  Doch das ist nicht alles: Wer nichts mehr selbst entscheiden kann, wird auch nicht mehr initiativ werden, er wird auch als Unternehmer kein Risiko mehr eingehen, Innovationen sind ihm fremd. Und Eigenverantwortung wird in einem solchen Konstrukt mehr und mehr zum Fremdwort. Was bleibt, ist die Unzufriedenheit, wenn man a) nicht tun kann, was man tun will und b) nicht bekommt, was man sich von einem solchen Staat verspricht.

Wir brauchen keinen Gouvernantenstaat, wir brauchen keine Autoritäten, die uns an der Hand nehmen. Was wir brauchen, ist eine offene Informationspolitik, die uns die Möglichkeiten, die es gibt, offenlegt. Und wir brauchen die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, was wir tun wollen. Ob das nun die Entscheidung über das richtige Heizsystem ist, ob wir mit oder ohne Helm Ski fahren oder ob wir unternehmerisches Risiko eingehen wollen. Weniger Regulierung sorgt jedenfalls für mündigere Bürger.

Weniger Regulierung durch einen Gouvernantenstaat sorgt auf jeden Fall für mündigere Bürger.

andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862