An den Aktienmärkten ist heuer der Bär los

Kapitalmarktexperte Felix Zulauf sieht Börsenbaisse bis Herbst und Krise in China.
Hohenems. Um die Chancen vorauszusagen, die Anleger heuer an den Aktienmärkten erwarten, bräuchte man schon eine Kristallkugel. Diese hat auch Felix Zulauf nicht. Ein Mann, der, wie ihn Hypobank-Vorstand Johannes Hefel anlässlich des alljährlichen Private Banking Forums ankündigte, 40 Jahre Erfahrung als Analyst und Vermögensverwalter hat, und „der nicht für Bequemlichkeit bekannt ist“. Der Gründer von Vicenda Asset Management gilt als einer der gefragtesten Kapitalmarktexperten und auch als einer der ehrlichsten. Seine Einschätzung zu den Aktienmärkten, die er den 220 Gästen in Hohenems gab, sorgte deshalb nicht unbedingt für Euphorie.
Für Zulauf ist die demografische Entwicklung entscheidend. „Weniger Bevölkerungswachstum bedeutet weniger Wirtschaftswachstum. Zudem ist die Verschuldung der Staaten dramatisch.“ Und die Notenbanken könnten diese Probleme auch mit Gelddrucken nicht lösen. Für ihn ist zurzeit China das größte Sorgenkind. Während die meisten Experten keine harte Landung der Volksrepublik befürchten, sieht er dort große Probleme. Der Grund: Vieles von dem Geld, das in den vergangenen Jahren nach China hineingeflossen ist, fließe nun wieder zurück. Zudem glaube er nicht, dass das Wachstum, wie behauptet, tatsächlich bei 6,9 Prozent liege. Er geht vielmehr von zwei Prozent aus. „Kredite wurden aufgebaut, die Preise gehen nach unten und China verliert an Wachstumsreserven“, begründet Zulauf seinen Pessimismus. Der Film laufe gerade rückwärts. Er erwartet Bankenkrisen in Singapur und Hongkong und eine Abwertung der chinesischen Währung.
Rohstoffe bleiben in Baisse
Bei den Rohstoffen sieht er ebenfalls keine Zuversicht. Eine Erholung dauere noch an. Sie bleiben in der Baisse. Gold könne „an einem sonnigen Tag“ auf 1300 bis 1400 US-Dollar steigen, bevor es wieder schlafen gehe. Auch mit Staatsanleihen könne man noch einige Jahre kein Geld verdienen. „Als vorsichtiger Mensch kann ich in Renten investiert bleiben. Damit verdient man zwar auch kein Geld, aber es ist zumindest eine Parkposition“, sagt Zulauf. Auch die US-Konjunktur enttäusche, und er ist im Gegensatz zu vielen anderen Investoren davon überzeugt, dass es heuer keine Zinserhöhung geben wird. „Ich würde nicht mehr aggressiv auf Dollar spekulieren“, sagt er. Den Euro sieht er sowieso als „Fehlkonstruktion“. Denn immer, wenn es hart auf hart komme, wie aktuell in der Flüchtlingskrise, gehe jeder Staat seinen eigenen Weg. Das sei für die Wirtschaft nicht gut.
Nicht alternativlos
Bleiben also noch Aktien. Die Bewertungen sind aktuell zwar historisch hoch, aber „im Vergleich zu Alternativanlagen immer noch attraktiv“, sagt der Vermögensverwalter. Gänzlich alternativlos wären Aktien jedoch nur, wenn die Kurse nach oben gehen. Und das tun sie derzeit nicht. Wenn Kurseinbrüche zu erwarten sind, sei Cash eine attraktive Alternative zu Aktien. Bargeld gebe zwar keine Zinsen, dafür könne man damit später zu tieferen Preisen Positionen aufbauen.
Bei Schwellenländern rät Zulauf dazu, davon im Moment die Hände weg zu lassen. Das sei noch zu früh. Wer zukaufen will, für den machen nur Aktien in der obersten Qualitätsklasse Sinn. Also Firmen mit einem soliden Geschäftsmodell und einer guten Eigenkapitalausstattung. Aber man müsse die Aktien langfristig halten, weil die Kurse im Moment nach unten schwanken. Wer zu viele Aktien habe, sollte eher die nächste Erholung nutzen, um zu verkaufen und so das Risiko klein zu halten. Gute Kaufkurse erwartet Zulauf erst im Herbst, wenn die Börsenbaisse ihren Boden erreicht.
Die Notenbanken können die Probleme auch nicht lösen.
Felix Zulauf