Willkommen im Abenteuerland
947 Personen haben es heuer in Vorarlberg wieder gewagt. Sie haben nicht länger davon geträumt, sondern haben Nägel mit Köpfen gemacht. Sie haben bei der Bezirkshauptmannschaft ihr Gewerbe angemeldet. 92 Prozent von ihnen ganz freiwillig, lediglich acht Prozent sahen keine andere Möglichkeit, anders ein Auskommen zu finden.
Ein hoher Prozentsatz weiß noch gar nicht, mit welchen Hindernissen der Weg ins Unternehmertum gespickt ist. Natürlich macht es eine gute Geschäftsidee schon etwas leichter, auch hohe Fachkompetenz kann nicht schaden, ein Businessplan würde dabei für mehr Sicherheit sorgen. Doch die Zukunft wollen viele gar nicht so genau kennen: Nur 43 Prozent bereiten sich solchermaßen auf die Selbstständigkeit vor.
Auf die größten Herausforderungen machen aber auch Businesspläne nicht aufmerksam: Wer sich für die Selbstständigkeit entscheidet, entscheidet sich für eine Fahrt ins und, wenn es gut geht, durch das Abenteuerland. Man kann sich das in etwa vorstellen wie ein Monopoly-Spiel: Nur mit besonders perfiden Fallen; sie können sich nämlich jederzeit verändern.
Die Spielemacher – im richtigen Leben Beamte oder Politiker genannt – denken sich ständig neue Regeln aus. Die werden nicht etwa gegen alte Schikanen ausgetauscht, sondern dazugepackt. Abgeschafft wird ganz selten eines dieser Hindernisse, mit dem Ergebnis, dass der Spieler, bevor er im Spiel des Unternehmertums ein Feld vorwärts kommt, zuerst immer wieder einige Felder zurückmarschieren muss. Im Spiel mag das für Spannung sorgen, in echt stellt das auch geübte Unternehmer vor fast unüberwindbare Aufgaben. Für junge Unternehmer, welchen die Folgen dieser Spielinstruktionen, ja die Existenz dieser Regeln, oft gar nicht bewusst sind, kann das böse enden.
Böse enden kann das Reality-Monopoly aber nicht nur für die Gründer, sondern auch für die Gesellschaft. Denn für die Volkswirtschaft sind neue Mitspieler überlebenswichtig: Sie halten die Wirtschaft am Laufen, sie schaffen neue Arbeitsplätze in oft ganz neuen Branchen. Man kann den Neo-Marktteilnehmern viel Glück wünschen, doch das ist der falsche Ansatz. Sie brauchen Spielregeln, die eine echte Chance bieten, als Unternehmer zu reüssieren. Und sie brauchen Unterstützung – und nicht auch noch ein Publikum, dem es erste Reihe fußfrei dann besonders gut gefällt, wenn jemand auf die Nase fällt.
Böse enden kann das Reality-Monopoly nicht nur für die Gründer, sondern auch für die Gesellschaft.
andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862
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