“Innovation ist auch bei Wasserwaagen möglich”

Markt / 04.03.2016 • 18:43 Uhr
Geschäftsführer Wolfgang Scheyer in der Produktion von Sola. Hier werden auch die Libellen, die das Herzstück in den Wasserwaagen bilden, hergestellt. Fotos: VN/Paulitsch
Geschäftsführer Wolfgang Scheyer in der Produktion von Sola. Hier werden auch die Libellen, die das Herzstück in den Wasserwaagen bilden, hergestellt. Fotos: VN/Paulitsch

Götzis. Mit Wasserwaagen fing alles an. Heute ist das Götzner Unternehmen Sola weltweit führend in der Entwicklung und Produktion hoch qualitativer Messinstrumente. Im Interview spricht Geschäftsführer Wolfgang Scheyer über Design, Präzision und die Vorteile eines Familienunternehmens.

Seit der Gründung vor 67 Jahren produziert Sola Wasserwaagen. Ein Produkt, das es auch noch in 50 Jahren geben wird?

scheyer: Ja, schon als die Laser vor fast 20 Jahren aufgekommen sind, hieß es, jetzt stirbt die Wasserwaage aus. Wir sind auch in den Laserbereich eingestiegen. Da gab es kurz einen Hype, aber letztlich hat sich klar gezeigt, dass die Wasserwaage als Basiswerkzeug erhalten bleibt. Sicher gibt es Anwendungen, wo ein Laser die Messaufgabe erleichtert, das ist aber nur eine Ergänzung.

Heute umfasst das Sortiment 1500 unterschiedliche Produkte – von der Wasserwaage bis hin zu elektronischen Lasergeräten. Braucht es diese enorme Vielfalt?

scheyer: Die Entscheidung ist schon 1980 gefallen. Bis dahin war die Wasserwaage unser Kernprodukt. Dann haben wir ausgeweitet auf das Messwerkzeugprogramm. Allein die Wasserwaage als Produkt wäre doch recht schmal. So haben wir schon seit 30 Jahren Rollmeter und Meterstäbe sowie Bleistifte. Wir sind Spezialist für Messen und Markieren am Bau. Das ist immer noch ein kleiner, spezieller Markt. 80 Prozent der Produkte, die wir verkaufen, werden hier in Vorarlberg produziert und alles auf Sondermaschinen – in einem Hochlohnland. Das ist nur möglich, weil wir uns so spezialisiert haben.

Ständiger Perfektionismus ist eine hohe Anforderung an ein Unternehmen. Wie werden Sie dem gerecht?

Scheyer: Natürlich treibt man sich auch selber. Wir haben Genauigkeiten von 0,3 mm per Meter, das ist sehr genau. Das haben wir uns aber auch auf die Fahnen geheftet. Wir wollen das perfekte Messwerkzeug. Wenn ein Hammer nichts ist, kann ich ihn wegschmeißen. Bei einem schlechten Messwerkzeug ist der Schaden allerdings um ein Vielfaches höher als der Produktpreis.

Sie haben sogar die Wasserwaage innoviert. Was kann man dabei immer noch besser machen?

scheyer: Wir haben gesagt, wir fangen komplett von null an. Darüber haben alle gestaunt. Denn davor hat sie 30 Jahre lang gleich ausgeschaut. Deshalb ist da schon ein gewisser Stolz dahinter. Innovationen sind auch in so einem Bereich möglich. So wie bei der Fokus-Libelle, die nun vier Mal mehr Kontrast und dadurch verbesserte Lesbarkeit garantiert.

Was macht Ihre Konkurrenz?

scheyer: Es gibt ähnlich aufgestellte Unternehmen in unserer Größe, es gibt Unternehmen in Asien mit Billigprodukten und es gibt Großkonzerne, die ein sehr großes Sortiment haben. Man muss sich sicher behaupten. Es gibt eine Konkurrenzsituation, aber wir können uns gegen alle gut durchsetzen. Bei Billigprodukten haben wir die Gefahr vor 15 Jahren noch höher eingeschätzt. Aber innerhalb unseres Sortiments waren es in den vergangenen Jahren immer die Top-Produkte, die am erfolgreichsten waren.

Ihre Produkte sind nicht nur funktionell, sondern haben auch schon zahlreiche Designpreise gewonnen. Ist Optik ein Anspruch?

Scheyer: Ja, denn Qualität ist wie ein Hygienefaktor. Jeder, bis hin zum Billighersteller, sagt, es ist Qualität. Für uns gehört zu Qualität auch Design und Ergonomie dazu, um unseren Qualitätsanspruch zu vermitteln. Die Handhabung ist sehr wichtig, darum hat sie bei uns einen hohen Stellenwert.

Wie ist der Vertrieb aufgebaut?

Scheyer: Der Paradekunde ist der Fachhandel, der wiederum an den Profihandwerker verkauft. In Österreich sind wir überall vertreten, bis hin zu Baumärkten. Wir waren von Anfang an sehr exportorientiert, weil der Markt in Österreich einfach zu klein ist. In den letzten Jahren haben wir in Mitteleuropa ein Vertriebsnetz mit eigenen Leuten aufgebaut. Insgesamt verkaufen wir in 70 Ländern. Aber weiße Flecken gibt es weltweit noch genug. In unserer Größe ist es eine Herausforderung, ein internationales Vetriebsnetz aufzubauen.

Haben Sie mit Plagiaten zu kämpfen?

Scheyer: Vor einigen Jahren wurde die Marke gefälscht. Wir sind aber recht forsch dagegen vorgegangen. In Europa kommen Markenfälschungen nicht vor. Das riskiert kein Händler.

Was unterscheidet sie als Familienunternehmen von anderen Unternehmen?

Scheyer: Es ist eine ganz andere Unternehmenskultur und es ist vor allem auch die Langfristigkeit. Die Entwicklung ist nicht auf das nächste Quartal ausgerichtet. Investitionen werden bewusst getätigt, auch wenn sie länger brauchen, bis sie wirken. Wir haben auch in der Wirtschaftskrise das volle Investitionsprogramm durchgezogen. Die Ernte kommt dann eben später, aber es ist wichtig.

Fachkräfte sind schwer zu finden. Darum haben wir die Lehrlingsausbildung stark forciert.

1500 Produkte umfasst das Sortiment des Messinstrumenten-Herstellers. Neben Wasserwaagen auch Laser, Bleistifte oder Rollmeter.
1500 Produkte umfasst das Sortiment des Messinstrumenten-Herstellers. Neben Wasserwaagen auch Laser, Bleistifte oder Rollmeter.

Kennzahlen

» Gegründet: 1949

» Gesellschafter: Familien Scheyer und Herburger, Sola-Privatstiftung

» Beschäftigte in Vorarlberg: 216, davon 21 Lehrlinge

» Umsatz 2015: 31,1 Mill. Euro (+8,3%)

» Investitionen: 2,3 Mill. Euro

» Export: 81%

» Joint Ventures/Beteiligungen: Deutschland, Schweiz, Ungarn, USA

Zur Person

Wolfgang Scheyer

ist geschäftsführender Gesellschafter der SOLA-Messwerkzeuge GmbH in Götzis

Geboren: 5. Juli 1967

Ausbildung: Pflichtschule in Götzis, Gymnasium in Feldkirch, Studium der Betriebsinformatik in Wien

Laufbahn: seit 2008 Geschäftsführer SOLA-Messwerkzeuge GmbH – er leitet das Unternehmen in dritter Generation („Von Anfang an war für mich nicht klar, ob ich den Betrieb übernehme. Es war mir völlig freigestellt. Aber ich habe es nie bereut.“).

Familie: verheiratet, fünf Töchter