Andreas Scalet

Kommentar

Andreas Scalet

Aufsichtsrat für Österreich AG

Markt / 27.04.2016 • 22:23 Uhr

Die Firma Österreich sucht einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden, im ersten Hearing sind vier von sechs Bewerbern um den begehrten Job rausgeflogen. Ihre Vorstellungen über die künftige Richtung, in welche das Unternehmen Österreich gehen soll, gefiel den 6.382.484 Aktionären nicht; obwohl: Rund die Hälfte der Aktionäre nutzte ihr Stimmrecht gar nicht.

Die anderen sind mit dem Vorstand der Firma Österreich alles andere als zufrieden. Seit Monaten, wenn nicht sogar Jahren, stottert der Motor des erfolgsgewohnten Unternehmens, das seit der Gründung 1945 ein beispielloses Wachstum generierte und fast allen Aktionären Jahr für Jahr zu dicken Renditen verhalf. Die Österreicher haben sich daran gewöhnt: an die hohen Standards, die soziale Sicherheit, den persönlichen Wohlstand.

Doch die Strategie greift nicht mehr, die Aktionäre bangen um Ausschüttung und Sicherheit. Den Managern der Österreich AG fehlt nämlich eine Vision; es fehlen ihnen aber auch das Know-how und der Wille, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. In den Jahrzehnten ist der Apparat träge geworden, dem Nachwuchs der Pioniere fehlen die richtige Ausbildung und Ehrgeiz. Wie in jedem Konzern, der zu groß wird, wird das Unternehmen Austria (wie sich die Österreich AG im internationalen Wettbewerb nennt) durch die Verwaltung und Intrigen in der Führung gelähmt.

Deshalb soll ein neuer Aufsichtsratsvorsitzender den Karren flottmachen, frischen Wind in die Verwaltung blasen. Doch die Kandidaten um den Posten haben die Jobdescription wohl noch nicht im Detail studiert, überschätzen ihre Kompetenzen, halten nicht auseinander, was auseinander gehört, nämlich Kontrolle und operative Führung. In der realen Wirtschaft gibt es Schulungen für Aufsichtsräte. Das wäre auch im großen Unternehmen Österreich zumindest für den Aufsichtsratsvorsitzenden angebracht.

Denn schnell hat man zuverlässige Partner vergrämt, wenn die Firmenphilosophie radikal geändert wird, z. B. die Europa GmbH, die in den vergangenen Jahren für zuverlässige Geschäfte und kontinuierliches Wachstum sorgte. Fusionen kann der Aufsichtsrat auch nicht in die Wege leiten; die Gründer haben die Unabhängigkeit der Firma festgeschrieben. Die Aktionäre müssen sich also genau überlegen, in welche Richtung die Österreich AG sich entwickeln soll. Denn die falsche Strategie könnte durchaus nach hinten losgehen.

Schnell hat man zuverlässige Partner vergrämt, wenn die Firmenphilosophie radikal geändert wird.

andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862