Hannes Androsch

Kommentar

Hannes Androsch

Mandat verloren

Markt / 29.04.2016 • 22:21 Uhr

Das politische Erdbeben am 24. April war eine Manifestation. Die Regierung hat das Mandat des Himmels, also der Legitimation durch Wähler und wohl auch Parteimitglieder, verloren. Jetzt müssen endlich die Konsequenzen gezogen werden. Die Taktik des Schönredens, der Gesundbeterei und der weltfremden Zukunftsvergessenheit hat ausgedient. Weder eine Politik der Einbunkerung noch die Errichtung innenpolitischer oder parteiinterner Wagenburgen werden Notwendigkeit und Forderungen nach einer neuen Politik aufhalten können.

 

Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. Offenbar wollen die politischen Machthaber dies nicht wahrhaben und glauben, den Brunnen noch immer nicht erreicht zu haben. Die Fakten zeigen ein ganz anderes Bild. Die Menschen im Land spüren mit zunehmender Verzweiflung, dass Österreich von der Überholspur auf dem Pannenstreifen gelandet ist und weiter abzudriften, „abzusandeln“ droht. Die Grundlagen wurden im Jahr 2000 gelegt. Das Desaster der Hypo Alpe Adria, länderbezogen durchaus kein Einzelfall, spricht Bände. Die Verwaltung des Stillstands blieb seither Programm und hat die Verkrustungen und den Reformstau nur noch verstärkt.

 

Wen die Götter strafen wollen, den schlagen sie mit Blindheit. Wenn man sich weiterhin gegen die notwendigen Veränderungen wehrt, wird man nur noch handlungs- und damit funktionsunfähiger. Der zwei Tage nach den Wahlen verabschiedete unvollständige Finanzrahmen ist dafür das jüngste Paradebeispiel. Dort werden nicht einmal alle Ausgaben erfasst und die versteinerten Strukturen fortgeschrieben. Bildung, Wissenschaft und Forschung sind einmal mehr auf der Strecke geblieben. Dafür kann man weder Loyalität noch Disziplin einfordern. Das hat auch nichts mit Fairness zu tun und macht alles nur schlimmer.

 

Was unser Land jetzt braucht, ist eine Reform- und Erneuerungsdetonation. Dafür braucht es glaubhafte und tatkräftige Signale der Regierungsparteien, vor allem auch auf Landesebene und wohl auch bei den Sozialpartnern.

Wenn man sich weiterhin gegen die notwendigen Veränderungen wehrt, wird man nur noch handlungs- und damit funktionsunfähiger.

markt@vorarlbergernachrichten.at
Dr. Hannes Androsch ist Finanzminister i. R. und Unternehmer.