„In Amerika muss man klotzen, nicht kleckern“

Amerikanern ist das Gesamtpaket wichtig, nicht die Herkunft.
Los Angeles. (cro) Die große Herausforderung für Vorarlberger Firmen ist sicherlich die immense Größe des Marktes. Es ist fast unmöglich, den ganzen US-Markt mit 330 Millionen Einwohnern und 50 unterschiedlichen Märkten gleichzeitig zu bearbeiten. Daher ist das Wissen um mögliche Kunden und die Konzentration auf ein bis zwei anfängliche Testmärkte das Um und Auf. Der nutzenorientierte US-Kunde liebt Baseball und da ganz besonders das Pitchen. Im Geschäftsleben ist das nicht anders: „Pitchen Sie prägnant, kurz und den Nutzen zeigend, und das Interesse ist geweckt“, erklärt der österreichische Wirtschaftsdelegierte Michael Friedl. Doch es braucht noch mehr, um in den USA erfolgreich zu sein:
Was empfehlen Sie Unternehmen, die in den USA starten möchten?
Der US-Markt ist hochgradig saturiert. Zudem sind die Marketing-, Beratungs- und Werbekosten hoch, und es ist sehr schwierig, am Anfang Vertriebspartner zu finden, die bereit sind, ihr eigenes Geld in die Markteinführungen eines neuen Produktes zu investieren. Importeure und Großhändler in den USA sehen sich zumindest am Anfang in einer passiven Rolle. Sie importieren, sie lagern und sie liefern, verkaufen muss schon der Exporteur selbst: auf Messen, durch persönliche Kundenkontakte, über Inseratenkampagnen oder Mitarbeiter, die zwar beim Vertriebspartner angestellt sind, aber vom Lieferanten bezahlt werden. Auch deshalb beginnt die Marktbearbeitung oft mit einer eigenen geschäftlichen Präsenz. In den USA gilt klotzen statt kleckern.
Was schätzen die US-Amerikaner an der Zusammenarbeit mit Vorarlberger Unternehmen und an deren Produkten?
US-Amerikaner schätzen Produkte und Dienstleistungen, die ihm einen ganz spezifischen (meist monetären) Nutzen bringen. Dabei ist es ihnen völlig egal, ob diese aus Taiwan, Finnland, Mexiko oder Österreich kommen. Vielmehr muss das Gesamtpaket stimmen. Natürlich gibt es die üblichen Stereotypen. Einen Österreich-Bezug stellt der durchschnittliche US-Amerikaner am ehesten mit Mozart, Sigmund Freud und interessanterweise auch mit Franz Klammer her. Nicht zu vergessen unseren „Gouvernator“ Arnold Schwarzenegger. Doch die österreichische Story schlechthin ist „The Sound of Music“. Das Filmmusical aus dem Jahr 1965 kennt beinahe jeder, und die Lieder werden noch immer an den amerikanischen Schulen gesungen. Wir platzieren hier ein etwas abgeändertes Österreichbild, quasi „beyond the sound of music“, sodass der US-Amerikaner manchmal überrascht ist, dass der gute Wein im Lokal doch aus Österreich kommt, dass die Mautsysteme, die er täglich am Weg von New Jersey nach New York verwendet, österreichische Technologie sind und dass die Schienen der U-Bahnen und der Motor des Autos aus diesem kleinen europäischen Land kommen.
Und wo sehen Sie Potenziale für Vorarlberger Unternehmen?
Chancen für österreichische Lieferanten bestehen am Automobilsektor. Bei Energieeffizienz und nachhaltigen Baulösungen stecken die USA in den Kinderschuhen. Am Eisenbahnsektor, bei der Sicherheitstechnik und bei erneuerbaren Energien besteht massiver Nachholbedarf. Gute Möglichkeiten gibt es auch im Bereich Medizintechnik. Speziell für die Textilindustrie sehen wir Chancen im Bereich „Wearable Technologies“. Das Außenwirtschaftscenter New York plant, sich auf diesen Bereich zu fokussieren.