“Geheimnis gibt es bei Fussl nicht”

Markt / 20.10.2016 • 19:18 Uhr
Ernst Mayr: „Mit unserem Sortiment behaupten wir uns auch in der SCS, wo es 400 Modegeschäfte gibt.“ Foto: VN/paulitsch
Ernst Mayr: „Mit unserem Sortiment behaupten wir uns auch in der SCS, wo es 400 Modegeschäfte gibt.“ Foto: VN/paulitsch

Fussl Modestraße nun auch in Dornbirns City. Chef Ernst Mayr über „normale“ Mode, Geschäft und Erfolg. 

Dornbirn, Ort im Innviertel. (VN-sca) Die Lage sei optimal, doch sei es schwierig gewesen, in Dornbirn die richtige Location zu finden. „15 Häuser habe ich mir angeschaut, bis ich das richtige Geschäftslokal gefunden habe“, berichtet Ernst Mayr, der zusammen mit seinem Bruder Karl das erfolgreichste österreichische Textilhandelsunternehmen führt. Die Fussl Modestraße ist für Marketing- und Handelsspezialisten ein Mysterium. Denn nach ihrer gängigen Lehre machen die Oberösterreicher alles falsch: ein verstaubter Name, keine Stardesigner und Filialen in Orten, die eigentlich so gar nicht als Shoppingziele taugen.

Kein Geheimnis

Und doch wird das Unternehmen, das vor 145 Jahren von Karl Fußl als „kleine Greißlerei in Ort im Innviertel gegründet wurde, auch international beachtet und beobachtet. „Unser Erfolg beruht auf vielen Faktoren. Zuerst auf den Mitarbeitern, dann auf dem Sortiment und natürlich auf den Standorten“, fasst Ernst Mayr zusammen. Dinge, die auch andere Firmen ins Treffen führen und damit nicht viel sagen. Aber Mayr doppelt nach: „Es gibt kein Geheimnis. Wir machen bei Fussl alles selbst.“ Das Unternehmen hat einen eigenen Ladenbau, es entwirft die Kollektionen in der oberösterreichischen Provinz und lässt sie von langjährigen Partnern lohnfertigen, wobei auf Arbeitsbedingungen ebenso wie auf Nachhaltigkeit Wert gelegt wird. Das werde auch von unabhängigen Organisationen geprüft, hält das Unternehmen fest. „Und wir haben Mitarbeiter, die freundlich zu den Kunden sind.“

„Normales Geschäft“

„Wir sind kein Diskonter und kein Highflyer“, beschreibt Mayr, der seinem Großvater Karl Fußl in fünfter Generation nachgefolgt ist, die Philosophie des Textilhändlers. „Es gibt immer weniger normale Geschäfte, doch die meisten Menschen suchen genau das. Sie suchen tragbare Mode mit einem gesunden Preis-Leistungsverhältnis, und das bietet Fussl“, ist er überzeugt, und die Expansion zeigt, dass er damit richtig liegt. Inzwischen gibt es über 150 Filialen in Österreich. Heuer wagte die Familie den Schritt über die Grenze nach Bayern und eröffnete die ersten Filialen in Deutschland.

Wie schon bisher achtet die Familie Mayr auf den Aktionsradius. Die Geschäfte sollten in einer halbwegs vertretbaren Zeit mit dem Auto erreichbar sein, lange Zeit war deshalb das erste Vorarlberger Geschäft in Hohenems der einsame Außenposten. „Wegen einer Filiale sind wir damals nach Vorarlberg gefahren.“ Inzwischen rentieren sich die Fahrten ins westliche Bundesland, denn mit neun Filialen gehört Fussl zu den Großen der Branche auch im Land, das mit der Neueröffnung im ehemaligen Emi-Schenk-Geschäft „fast“ erschlossen ist. „In Feldkirch fehlt noch ein Geschäft“, verrät Mayr, denn auch die Schweizer und Liechtensteiner kaufen gerne in den Geschäften, wie sich in Hohen­ems oder auch in Hard, wo Fussl gleich zweimal vertreten ist, zeigt.

Klassischer Handel

Die oberösterreichischen Textiler, die laut Branchenranking die einzigen Österreicher unter den 15 erfolgreichsten Modehändlern des Landes sind, setzen auf den klassischen Handel. „Online ist oft nur eine Ausrede für eigene Fehler“, analysiert Mayr kühl. 1999 habe ein damals gefeierter österreichischer Manager in einem Vortrag das Ende des Einzelhandels vorhergesagt. „Wir hatten zu dem Zeitpunkt 17 Filialen. Heute haben wir 150 und der damalige Vortragende hat eine der spektakulärsten Pleiten Österreichs produziert“, resümiert er. Es gebe genug Menschen, die nach wie vor in einem Geschäft einkaufen wollen und fundierte Beratung schätzen, wiederholt er das Rezept seiner Familie.

Weniger City-Geschäfte

Fussl betreibt Geschäfte sowohl in Innenstädten und Ortskernen als auch auf der grünen Wiese, doch ortet er eine Veränderung in ganz Österreich. In Oberösterreich etwa hat sich der Anteil der Fussl-Geschäfte in den Ortskernen von 30 Prozent auf momentan 15 Prozent verschoben, tendenziell gehe das weiter zurück, weil die Politik keine Rezepte bieten kann. In Vorarlberg sei man da weiter und konsequenter, stellt er fest. Und der österreichische Modehändler sucht Mitarbeiter: „In Dornbirn würden wir noch einen Lehrling einstellen“, in Oberösterreich auch ungelernte Kräfte. „Doch wir bekommen keine, da stimmt etwas nicht bei diesen Arbeitslosenzahlen.“

Wir sind kein Diskonter und kein Highflyer. Wir sind ein ganz normales Geschäft mit gutem Angebot.”

Ernst Mayr

Fussl Fakten

» Gegründet: 1871

» Gesellschafter, Geschäftsführung: Ernst und Karl Mayr in fünfter Generation, tr Beteiligungen (33,33 Prozent)

» Mitarbeiter: 1100, in Vorarlberg 60

» Filialen: über 150 in Österreich und Bayern, Vorarlberg 9