„Auch ich kann nicht übers Wasser laufen“

Markt / 16.12.2016 • 18:49 Uhr
Dem neuen Wirtschaftskammer-Präsidenten Hans-Peter Metzler ist es wichtig, auch über Parteigrenzen zu denken.
Dem neuen Wirtschaftskammer-Präsidenten Hans-Peter Metzler ist es wichtig, auch über Parteigrenzen zu denken.

Hittisau. Hans-Peter Metzler ist seit drei Wochen Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg. Im Interview spricht der Hittisauer Hotelier über seine Visionen, den Erwartungsdruck und was er in der Lebensschule gelernt hat.

Sie sind seit drei Wochen Wirtschaftskammerpräsident. Würden Sie sagen, Ihr Leben hat sich seither verändert?

Metzler: Nein, das ist nicht der Fall. Ich habe lange überlegt, mich gut vorbereitet und ungefähr gewusst, was auf mich zukommt. Nach der Wahl war ich gleich in Wien in der Wirtschaftskammer Österreich, wo ich sehr gut aufgenommen worden bin. Wien ist aber eine andere Welt und umso schöner ist es, wenn man hier in Vorarlberg ist und man sieht, dass das Land immer schon einen anderen Weg gegangen ist. Am Ende des Tages müssen wir schauen, was wir im Land bewirken können. Das ist das Wichtigste.

Welche Gestaltungsspielräume können im Land besser genutzt werden?

Metzler: Das sind speziell die Standortthemen. Die „Grund und Boden-Thematik“ zum Beispiel. Hier wird es immer Nutzungskonflikte geben. Aber dazu brauchen wir die Wiener nicht. Genauso werden wir das Thema „Marke Vorarlberg“ zusammen mit IV-Präsident Martin Ohneberg im kommenden Jahr angehen. Dabei geht es darum, für was Vorarlberg steht und was die unterschiedlichen Branchen miteinander verbindet. Der Mix an Unternehmen ist eine enorme Stärke, und wir können nur miteinander existieren. Auch bei der Bildung gibt es viele Freiräume, sodass man vor Ort etwas tun kann. Das haben wir mit der Tourismusausbildung gezeigt. Ich bin auch ein Freund davon, gesetzliche Graubereiche auszunutzen. Es geht darum, etwas zu probieren. Wir müssen viel mehr Ermöglicher werden. Also umdenken und nicht zum Beispiel eine eigene Abteilung für Digitalisierung gründen. Wir müssen die richtigen Leute zusammenbringen und ihnen Geld und Ressourcen geben. Hier sollte das kleine Vorarlberg ein Vorreiter sein und sich Themen unkonventioneller stellen.

Was bedeutet das neue Amt für Ihren Betrieb – das Hotel Schiff in Hittisau?

Metzler: Natürlich ist es eine Herausforderung, alles unter einen Hut zu bringen. Aber ich habe eine starke Familie und tolle, langjährige Mitarbeiter. Und ich war bereits vorher aufgrund der Tourismusstrategie intensiv unterwegs. Daher ist jetzt auch kein Bruch da. Für mich ist aber wichtig, dass ich trotzdem Unternehmer bleibe. Ich bin Unternehmer, der eine gewisse Zeit in der Politik tätig ist, aber kein Politiker. Das Parteithema war nie wirklich meine Welt, ich arbeite viel lieber inhaltlich. Ich habe zudem ein Team aus Stellvertretern und Spartenobleuten, mit denen wir einen neuen Weg gehen und die Arbeit neu aufteilen.

Sie haben im Tourismus viel bewegt, bei der Wahl viele Vorschusslorbeeren geerntet. Löst das nicht einen hohen Erwartungsdruck aus?

Metzler: Ich bin schon ein Typ, der gerne umsetzt. Ich hatte einen sehr guten Start und sehr viel Unterstützung. Aber auch ich kann nicht übers Wasser laufen. Wenn jemand denkt, in zwei Jahren ist alles anders, muss ich sagen, das wird nicht möglich sein. Aber der Wille ist da. Wobei die Struktur der Wirtschaftskammer besser ist, als ich gedacht habe und als man sie von außen wahrnimmt. Es ist noch viel zu tun, aber es passiert schon jetzt viel. Meine Aufgabe ist nun, das zu übersetzen.

Sie haben sich schon früh engagiert, was nicht selbstverständlich ist. Gibt es dafür einen besonderen Grund?

Metzler: Beim Tod meines Vaters war ich 19 Jahre alt, und ich bin daheim eingestiegen. Damals ging es dem Betrieb nicht so gut und ich musste vier Wochen nach der Beerdigung einen Kreditvertrag unterschreiben und damit ein Stück weit auch mein Leben. Es war eine harte Zeit, und ich weiß, wie es ist, wenn man existenzielle Ängste hat. Darum kann ich mit vielen mitfühlen, denen es nicht gut geht. Ich wollte damals aber nicht nur Wirt sein und hatte das Glück, über Joschi Walch ins Junge Gastgewerbe zu kommen. Da habe ich sehr viel gelernt, und ich habe gespürt, wenn man sich einbringt, bekommt man etwas zurück. Ich bin nie einem Amt nachgerannt, aber es hat mich immer erfüllt. Ich hätte immer gerne studiert, letztlich kann man diese Lebensschule aber auf keiner Universität lernen.

In jungen Jahren waren Sie selbst durchaus kritisch. Verstehen Sie besser, dass nicht alle Unternehmer mit der Wirtschaftskammer zufrieden sind?

Metzler: Pflichtmitgliedschaft ist ein Faktum und steht in der Verfassung. Aber wir können im System etwas verändern. Es ist viel Potenzial vorhanden. 60 Prozent aller Mitglieder zahlen nur Grundumlage. Aber genau die sind es, die unsere Services abholen könnten. Viele hatten noch gar nie Kontakt mit uns und verwechseln uns oft mit all dem, was in Wien beschlossen wird. Darum müssen wir auch stärker unseren eigenen Vorarlberger Weg gehen.

In meiner Antrittsrede habe ich gesagt, hoffentlich reut es euch nicht, mich gewählt zu haben.

Hans-Peter Metzler hat das Hotel Restaurant „das Schiff“ bereits mit 19 Jahren nach dem Tod seines Vaters übernommen und das Haus kontinuierlich zum Vorzeigebetrieb ausgebaut.  Fotos: VN/Hofmeister
Hans-Peter Metzler hat das Hotel Restaurant „das Schiff“ bereits mit 19 Jahren nach dem Tod seines Vaters übernommen und das Haus kontinuierlich zum Vorzeigebetrieb ausgebaut. Fotos: VN/Hofmeister

Kennzahlen

» Gegründet: 1840

» Gesellschafter: Antonie, Elisabeth, Erna und Hans-Peter Metzler

» Zimmer und Suiten: 33

» Gastronomie: Genießerrestaurant, Restaurant für die Hotelgäste, Ernele

» Beteiligungen: furore Handelsgesellschaft mbH, Upsynth GesmbH

» Aufsichtsrat: Vorarlberg Tourismus

Zur Person

Hans-Peter Metzler

Hotelier (Hotel Restaurant „Das Schiff“ in Hittisau) und Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg

Geboren: 8. 8. 1965

Ausbildung/Laufbahn: nach der Matura an der Tourismusschule übernahm er mit 19 Jahren „Das Schiff“ in Hittisau, Obmann „Junges Gastgewerbe Vorarlberg“, Obmann Regio Bregenzerwald, Mitbegründer und Obmann KäseStraße Bregenzerwald, 2010 wurde er Obmann der Sparte Tourismus; seit November 2016 ist er Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg

Familie: verheiratet, drei Töchter