Schön heißt nicht besser

Markt / 17.03.2017 • 10:40 Uhr
Verdienen attraktive Menschen tatsächlich mehr? Eine neue Studie stellt dies in Abrede.
Verdienen attraktive Menschen tatsächlich mehr? Eine neue Studie stellt dies in Abrede.

Schöne Menschen bekommen nicht die besseren Jobs. Das besagt zumindest eine aktuelle Studie.

UNTERSUCHUNG. (cro) Zahlt sich gutes Aussehen mit barer Münze im Job aus? Eine neue Studie stellt die seit Jahren vorherrschende These einer „Schönheitsprämie“ zumindest für den US-Arbeitsmarkt in Frage. Oft verdienten die am wenigsten attraktiven Menschen sogar mehr als besser aussehende, fassen die beiden Studienautoren Satoshi Kanazawa (London School of Economics) und Mary Still (University of Massachusetts) zusammen. Statt Schönheit seien Merkmale wie Gesundheit, Intelligenz und günstige Persönlichkeitsfaktoren ausschlaggebend für bessere Bezahlung. Andere Experten widersprechen: Die Studie habe gravierende Schwächen.

Keine Bestätigung

Kanazawa und Still legten ihrer Auswertung die Langzeitstudie „Add Health“ zugrunde. Junge US-Amerikaner waren dafür zwischen 1994 und 2008 in fünf Wellen zu zahlreichen Aspekten befragt worden. Anhand ihrer Daten untersuchte das Team drei Punkte, die nach Ansicht vieler Kollegen zu einer Gehaltskluft zwischen attraktiven und weniger gut aussehenden Menschen führen: Diskriminierung durch Arbeitgeber, Kollegen oder Kunden, Selbstbeschränkung der Betroffenen auf bestimmte Berufsfelder und individuelle Unterschiede. Dass sehr unattraktive Menschen vergleichsweise viel Geld verdienten, widerspricht nach Auffassung der Autoren der These, dass sie eher diskriminiert werden. Auch für finanzielle Nachteile durch Selbstbeschränkung fanden die Forscher keine Bestätigung.

Bei letztem Punkt versuchten sie, statt Attraktivität die Merkmale Gesundheit, Intelligenz und positive Persönlichkeitsaspekte in ihrer finanziellen Auswirkung zu berechnen. Hier fanden sie ihrer Auffassung nach deutliche Belege. Sprich: Jemand werde zwar möglicherweise als „schön“ eingestuft, bekomme aber de facto deshalb mehr Geld, weil er intelligenter, gesünder und in seiner Persönlichkeit offener und positiver sei.

Schwer haltbar

Der Arbeitsökonom Thomas Bauer vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen hält die allgemeine Aussage, dass sehr unattraktive Menschen mehr verdienen als viele besser aussehende für schwer haltbar. „Die Studie umfasst nicht, wie viel unattraktive Menschen gar keinen Job finden.“ Eva Sierminska hat die Frage 2015 in Deutschland untersucht. Die Ökonomin, die unter anderem am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) tätig ist, bilanziert darin: „Für Frauen haben wir eine durchschnittliche ,Schönheitsprämie‘ von zwei bis vier Prozent am unteren Ende der Gehaltsverteilung gefunden.“ Für Männer liegt das Einkommensplus für gutes Aussehen demnach sogar bei fünf bis sieben Prozent und zieht sich durch alle Gehaltsstufen.