Geschichten erzählen in der Welt neuer Finanzierungen

Experten der Crowdinvesting-Konferenz zeigen Weg von der Theorie in die Praxis.
Bregenz. (VN-reh) Heute kann jeder Investor werden. Dafür braucht man nicht einmal große Summen an Geld. Alternative Finanzierungsformen wie Crowdinvesting ermöglichen es, dass sich zahlreiche Personen mit geringen Geldbeträgen an Unternehmen beteiligen und dafür Zinsen, Beteiligungen oder Gegenleistungen wie Gutscheine erhalten. Die österreichischen Plattformen haben im Vorjahr 22,7 Millionen Euro durch Crowdinvestoren eingesammelt und damit 71 Projekte finanziert. Das ist gegenüber 2015 ein Plus von 161 Prozent.
Geld und Sichtbarkeit
Für Reinhard Willfort (innovation service network), einen der Referenten
der Crowdinvesting-Konferenz der Wirtschaftskammer Vorarlberg im Festspielhaus Bregenz, ist noch mehr Potenzial vorhanden. „Für den Valentinstag wurden heuer 107 Millionen Euro ausgegeben“, stellt er einen Vergleich an. Er ist jedenfalls davon überzeugt, dass Crowdinvesting den Unternehmen nicht nur Geld, sondern auch Sichtbarkeit verschafft. Ein Beispiel brachte Willfort mit der oekostrom AG, die mit „simon“ ein Mini-Kraftwerk für den Balkon entwickelt hat. „simon wurde online vorgestellt mit dem Hinweis, wenn es 1000 Vorbestellungen gibt, wird es produziert“, erzählt Willfort. Das habe aber nur deshalb funktioniert, weil man mit dem Produkt eine positive Emotion erzeuge und eine Geschichte dazu erzähle. „Die Menschen wollen Teil davon sein. Deshalb muss man im Vorfeld überlegen, wer kauft das Produkt und welche Emotion steckt dahinter“, so der Crowdinvesting-Experte.
Ein weiteres Erfolgsbeispiel seien die Gasteiner Bergbahnen, die 85 Millionen Euro in die Region investieren wollen. Die Finanzierung dafür stand zwar bereits, sie wollten aber auch die Menschen in das Projekt miteinbeziehen. Über eine Plattform wurden für das Projekt „Schlossalm neu“ innerhalb von nur drei Tagen 1,5 Millionen Euro eingesammelt. „Man muss die Menschen abholen. Es ist zu wenig, wenn beispielsweise ein Hotel Geld sammelt, um seine Zimmer zu renovieren“, so Willfort zum Thema „Geschichten erzählen“. Dafür erreiche man durch die Crowd eine hohe Kundenbindung, weil man Hunderte Personen an Bord hat, die am Geschehen teilhaben. Allein das habe schon einen enormen Wert und sei nur einer von vielen positiven Effekten. Welche Macht die Masse hat, zeigte Michael Gebert (Crowd Mentor Network) zum Schluss der Konferenz mit einem weiteren Beispiel. Dirk Ahlborn baut für Elon Musk den Hyperloop, Kapseln, die Menschen mit bis zu 1223 Kilometer pro Stunde befördern sollen. Seine Ingenieure dafür fand er auf der ganzen Welt. Sie arbeiten mindestens zehn Stunden in der Woche kostenlos für das Projekt und bekommen im Gegenzug Aktienoptionen.
Crowdinvesting ist also viel mehr als nur Geld zu geben, das zeigte sich bei der Konferenz deutlich.