Deutsche Autobranche unter Druck

Markt / 23.07.2017 • 20:12 Uhr
BMW will sich derzeit laut Firmenaussendung nicht an Spekulationen beteiligen.Symbolbild: RTS
BMW will sich derzeit laut Firmenaussendung nicht an Spekulationen beteiligen.Symbolbild: RTS

Laut „Spiegel“ sollen sich die fünf führenden Marken seit Jahrzehnten rechtswidrig abgesprochen haben.

Berlin. Der Diesel- und Abgasskandal setzt die deutschen Autohersteller immer stärker unter Druck. Dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zufolge haben sich die fünf führenden Marken über Jahrzehnte hinweg bei technischen Standards rechtswidrig abgesprochen.

Dabei sei es nicht nur um Motorentechnik, sondern auch um andere Innovationen und auch um Zulieferer gegangen. Im Raum steht deshalb der Verdacht von Verstößen gegen das Kartellrecht. Klar Stellung zu den neuen Vorwürfen bezog aber zunächst keines der Unternehmen. Diese sprachen nur von „Spekulationen“. Die deutsche Regierung forderte das Kartellamt zu Ermittlungen auf.

Keine Stellungnahmen

„Zu Spekulationen und Sachverhaltsvermutungen auf Grundlage der Spiegel-Berichterstattung äußern wir uns nicht“, sagte Volkswagen-Chef Matthias Müller. BMW teilte dem „Spiegel“ mit, sich nicht an Spekulationen beteiligen zu wollen. Ähnlich äußerte sich Daimler gegenüber dem Magazin.

Die Branche soll sich seit den Neunzigerjahren in geheimen Arbeitskreisen über die Technik ihrer Fahrzeuge, über Kosten, Zulieferer, Märkte, Strategien und sogar die Abgasreinigung der Dieseltypen abgesprochen haben. Der „Spiegel“ beruft sich dabei auf einen Schriftsatz, den VW bei den Wettbewerbsbehörden eingereicht haben soll. Dieser sei eine Art Selbstanzeige.

EU-Kommission prüft

Treffen die Vorwürfe zu, könnte es sich um eines der größten Kartelle der deutschen Wirtschaftsgeschichte handeln. Laut „Spiegel“ prüft die EU-Kommission bereits den Fall. Sie habe bei den beteiligten Unternehmen – VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler – Unterlagen beschlagnahmt und erste Zeugen befragt.

Der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt sagte auf Anfrage: „Kartellrechtliche Absprachen wären eine zusätzliche Belastung für die Thematik, die wir gerade mit der Automobilindustrie haben. Die Kartellbehörden müssen ermitteln, die Vorwürfe detailliert untersuchen und gegebenenfalls notwendige Konsequenzen ziehen“, ergänzte der CSU-Politiker.

„Glaubwürdigkeit erschüttert“

Kritik an der Branche und der Politik kam vom Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer: „Die Glaubwürdigkeit wird noch stärker erschüttert. Kein Mensch glaubt mehr an den Diesel“, sagte der Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen dem MDR. Die Politik habe die Unternehmen zu lange und zu stark geschützt.