Werften segeln hart am Wind

Der Bodensee ist nicht nur Freizeitrevier, sondern auch Wirtschaftsfaktor.
Bregenz. Der Bodensee wurde über Jahrhunderte von den Anwohnern mit Skepsis betrachtet, als Gefahr und als Hindernis wahrgenommen. Allenfalls als Nahrungsmittellieferant konnte der früher fischreiche See punkten. Das änderte sich, als Mitte des 18. Jahrhunderts der Tourismus zu keimen begann. Seither ist der See ein Wirtschaftsfaktor ersten Ranges. Das deutsche Ufer gilt als eines der beliebtesten Urlaubsziele von Deutschen in Deutschland. Aber auch Vorarlberg zieht Profit aus dem Freizeitrevier Bodensee. Die Schiffe der Vorarlberg Lines verbinden zusammen mit dem deutschen Schifffahrtsbetrieb BSB Städte und Orte am See, bieten Sonder- und Rundfahrten über das Schwäbische Meer an. Die Urlauber nutzen das Angebot heuer sehr gut, wie Vorarlberg-Lines-Chef Alexandro Rupp im Gespräch mit den VN feststellt.
Erste Adresse am See
Rupp ist nicht nur als Transporteur auf dem See tätig. Der Silvretta Holding gehört auch die Schiffswerft Fußach, der größte Schiffsbaubetrieb am See. Sie ist erste Anlaufstelle für gewerblich genutzte Schiffe und Boote, die dort gebaut, gewartet und renoviert werden. „Wir sind sehr gut ausgelastet, weil wir auch viele Kunden aus Deutschland haben“, so Rupp. In Fußach habe man deshalb gerade eine neue Slipanlage gebaut, damit auch alle Schiffe aus dem Wasser geholt bzw. zu Wasser gelassen werden können.
Keine Liegeplätze mehr
Schwieriger ist das Geschäft für die kleinen Bootswerften und den Bootshandel. Das hat einen konkreten Grund. In Vorarlberg gibt es so gut wie keinen Liegeplatz mehr. Allein die privaten Häfen können noch kurzfristig Plätze zur Verfügung stellen. Dort zahlt man aber deutlich mehr als in kommunalen Häfen: rund 3000 Euro für einen Liegeplatz in der Größe von 20 Quadratmetern. In den Gemeindehäfen geht nur etwas, wenn ein Schiffseigner freiwillig auf seinen Platz verzichtet. Das tun jedoch nur ganz wenige. Fast überall werden die Liegeplätze weitervererbt. Es gibt zwar Listen, doch die Wartezeiten werden mit zehn Jahre plus angegeben. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz ist die zentrale Anmeldestelle für Boote. Derzeit gibt es, so die zuständige Referentin Regina Nussbaumer, 4259 Liegeplätze, davon sind 233 Trockenliegeplätze. Angemeldet sind in Vorarlberg 6014 Boote (Stand 1. 1. 2017). Wer keinen Liegeplatz hat, muss sein Bötle nach jeder Ausfahrt wieder auf den Anhänger laden und zu Hause im Garten abstellen.
Da bleibt den Bootsbauern meist nur noch die Wartung und Renovierung der vorhandenen Boote. Vor allem der Gebrauchtbootemarkt ist praktisch zum Erliegen gekommen, erklärt Karl Hartmann, der seit fast 50 Jahren im Geschäft ist. Sein Unternehmen fertigt Boote, die beruflich genutzt werden, und kümmert sich um den Erhalt von Booten. Markus Bilgeri hat als einer der wenigen dennoch den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt und die ehemalige Yachtwerft Kuhlay übernommen. Er ist Spezialist für Holzboote und hat inzwischen internationale Kundschaft. „Auch vom Genfersee kommen Kunden zu uns“, berichtet er. Seine Firma sei gut ausgelastet. Aber von Gebrauchtbooten lässt auch er die Finger.
Internationale Kundschaft
Besser läuft das Geschäft für Zulieferer wie Segelmacher oder etwa die Yachtelektronikfirma Werner Ober in Lustenau. Ober ist nicht auf den See beschränkt, sondern verkauft erfolgreich weltweit Yachtelektronik. Der 1929 gegründete Betrieb verkauft die Geräte nicht nur, er sorgt auch für Aftersale-Betreuung. Firmenchef Hubert Ober: „Wir haben ein großes Netz an sehr guten Servicepartnern, die auch regelmäßig bei uns geschult werden. Damit können wir unseren Kunden zuverlässig helfen, wenn es notwendig ist.“
Bei den Geschäftszahlen gibt sich die Branche zurückhaltend, sicher ist aber, dass schon mehr umgesetzt wurde als heutzutage. Auf Preise für neue Boote will man sich auch nicht festlegen: Bei der in Höchst beheimateten Bodensee-Bootsbörse, die derzeit rund 100 Boote anbietet, gibt es Boote ab 1800 Euro. Nach oben ist die Preisskala offen.
Sind gut ausgelastet und haben viele deutsche Kunden.
Alexandro Rupp