Integration auf der Baustelle

Im Mai startete Ausbildungsprojekt für jugendliche Flüchtlinge. Nun gibt es vier neue Lehrlinge bei i + R Bau.
Lauterach. (VN-sca) Im Juli sind die Arbeitslosenzahlen in Vorarlberg nach gut eineinhalb Jahren zum ersten Mal wieder nach oben gegangen, das Arbeitsmarktservice verzeichnete ein Plus von 0,8 Prozent gegenüber dem Juli 2016 und liefert gleich die Erklärung für die Zunahme. Die Zahl der bleibeberechtigten Flüchtlinge hat nämlich deutlich zugenommen und damit die Arbeitslosenzahl unter den Asylberechtigten: um 167 bzw. 64,2 Prozent auf insgesamt 427 gestiegen.
Chance für die Jugendlichen
Gleichzeitig herrscht im Land weiterhin Fachkräftemangel. Das gilt auch für Lehrstellen: Rund 1000 Ausbildungsplätze stehen kurzfristig zur Verfügung, etwa 100 davon im Bereich Bau und Bauhilfsgewerbe. Das Lauteracher Bauunternehmen i + R Bau zählte eins und eins zusammen und entschloss sich zu einem besonderen Projekt mit Win-win-Effekt, das im Juni vorgestellt wurde (die VN berichteten): 14 unbegleitete jugendliche Flüchtlinge mit Bleiberecht erhielten die Chance, sich in einer zwölfwöchigen theoretischen und praktischen Aufsbildung für einen Lehr- bzw. Arbeitsplatz im Unternehmen zu qualifizieren. Am 8. August sollte die „Stunde der Wahrheit“ für die Jugendlichen und die Firma schlagen.
Nun wurde das Ergebnis der dreimonatigen Ausbildung schon früher gefeiert. Denn von den 14 Jugendlichen werden neun einen regulären Arbeits- oder Lehrvertrag bekommen. Die acht Afghanen und ein Somalier haben sich sowohl bei den Schulungsmaßnahmen in der Bauakademie in Hohenems als auch bei der praktischen Arbeit auf den Baustellen so engagiert und talentiert gezeigt, dass das Projekt, so Anton Strini, Flüchtlingsbeauftragter der Vorarlberger Landesregierung, der das Projekt zusammen mit i+R-Bau-Geschäftsführer Reinhard Braito und Projektkoordinator Beat Pilgrim (ebenfalls i + R) initiiert hat, als „Leuchtturm für weitere Unternehmen taugt“. Er hofft, dass auch andere Firmen dieses Potenzial nutzen, zumal in den Flüchtlingsheimen der nunmehrigen i+R-Mitarbeiter schon jetzt das Interesse an Arbeits- und Lehrplätzen groß sei.
Die Jugendlichen selbst haben die Chance genutzt: Sowohl die durchaus „kritischen Poliere“ (Zitat Braito) als auch die Bauakademie stellten ihnen gute Zeugnisse aus, die Bauakademie auch schriftlich. Die jungen Leute hielten bei einer Feier in der Bauhalle des Unternehmens stolz die überreichte Urkunde vor die Handy-Fotoapparate der Kollegen und Betreuer. Dass auf die vier Lehrlinge nun mit der Ausbildung eine weitere große Herausforderung wartet, ist ihnen wie Projektkoordinator Beat Pilgrim klar. Sie erhalten dann auch Betreung, um in der Berufsschule zu bestehen und vor allem die sprachlichen Hürden zu meistern.
Keine Sonderbehandlung
Was sie aber nicht erhalten, ist eine Sonderbehandlung.
i + R-Geschäftsführer Joachim Alge und Bau-Chef Braito stellen klar, dass das Projekt zwar den Jugendlichen eine Perspektive eröffnen soll, aber keine soziale Aktion ist, denn am Schluss sollen gut ausgebildete Baufachleute der Firma zur Verfügung stehen, die ihre berufliche Chance im Betrieb wahr- und damit die eigene Zukunft in die Hand nehmen können. Der gute Start gibt Anlass zur Hoffnung: Als nächstes werde er mit Vertretern aus den Tourismusbranchen über Ausbildungs- und Arbeitsprojekte sprechen, so Strini. Die Signale aus den Betrieben seien positiv.
Es ist eine Chance für die Jugendlichen, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, ein Sozialprojekt ist es nicht.
Reinhard Braito, i+R Bau