Kopfweh bei Schnapsbrennern

EU will Vorarlberger Klein- und Abfindungsbrennern Steuerbefreiung streichen.
Schwarzach. (VN-sca) Zu viel Schnaps kann schon einmal zu einem schweren Kopf führen. Für Kopfweh sorgen bei den bäuerlichen Abfindungsbrennern derzeit aber die Brüsseler Wettbewerbshüter, die sich Gedanken darüber machen, wie den Landwirten das von Kaiserin Maria Theresia erteilte Recht auf Steuerbefreiung für ihre hochprozentigen Produkte, erteilt im Jahr 1835, entzogen werden könnte.
Politik verteidigt Regelung
Ganz konkret wollen die EU-Beamten den kleinsten Brennern an die Maische. Sie sollen in Zukunft Steuern zahlen wie die großen gewerblichen Brennereien. Das offizielle Österreich hat bereits reagiert, die Politik will sich nicht gefallen lassen, dass die kleinen Schnapsbrenner schlechtergestellt werden. Auf das offizielle Mahnschreiben der EU, das im Frühjahr in Wien eintrudelte, antwortete Finanzminister Hans Jörg Schelling ablehnend, auch das Bundeskanzleramt will nichts von einer Verletzung bestehenden EU-Rechtes wissen. Man habe bei den Beitrittsverhandlungen 1995 genau diese österreichische Regelung aufgenommen. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter stellte klar: „Beim Schnaps hört sich der Spaß auf.“
Protest in Brüssel eingelegt
Der Obmann der Vereinigung der Abfindungs- und Kleinbrenner Österreichs (VAKÖ), der Ludescher Elmar Domig, ist froh ob der Unterstützung, wehrt sich aber ebenfalls offiziell gegen den europäischen Griff in die Geldtasche der Kleinbrenner. „Wir haben bereits unsere Einwände nach Brüssel geschickt“, berichtet er im Gespräch mit den VN. Jetzt warte man auf Antwort. Generell vermutet die Vereinigung, dass hinter den Bestrebungen Brüssels die gewerblichen und industriellen Spirituosenerzeuger stehen, denen dieses Privileg der Kleinen schon lange ein Dorn im Auge sei. Aber die EU wurde auch in Österreich aktiv, weil sie gerade Ungarn dieses Steuerprivileg untersagte. Die Magyaren übernahmen erst vor wenigen Jahren kurzerhand die österreichische Regelung für ihre Kleinbrenner, allerdings können sie sich nicht auf ein 182 Jahre währendes Recht berufen.
Vorarlberg ist von der Mahnung der EU stärker betroffen als die Bundesländer im Osten. Österreichweit können die ersten 15 Liter reiner Alkohol steuerfrei hergestellt werden. Die Menge kann auf bis zu 27 Liter steigen – für bis zu vier Mitarbeitende am Hof können jeweils bis zu drei weitere Liter zu den 15 hinzukommen. Aus historischen Gründen dürfen Vorarlberger und Tiroler mehr Obst steuerfrei destillieren als die Kollegen aus den anderen Bundesländern. Nämlich rund doppelt so viel – bis zu 54 Liter Reinalkohol. Dies deshalb, weil die Kaiserin und ihre Beamten davon ausgingen, dass in den gebirgigen Regionen keine Wein- und Biererzeugung auf dem eigenen Hof möglich ist, außerdem so die weitere Begründung, sei der Alkohol notwendig, um die Tiergesundheit zu gewährleisten – als Desinfetkionsmittel. In Vorarlberg sind rund 1900 Abfindungsbrenner registriert. Zirka ein Drittel von ihnen, so Domig, übe das Recht auch aus. Sie destillieren ihre klaren Brände aus durchschnittlich 21.000 Hektoliter Maische jährlich, aber „das kommt jeweils auf die Erntemengen“ an Äpfeln, Birnen und Beeren an, so Domig. Abgesehen von der Freimenge für die Kleinstbrenner, gibt es auch für Abfindungsbrenner einen ermäßigten Steuersatz – sie dürfen bis zu 400 Liter produzieren und zahlen dafür pro Liter 6,48 Euro statt zwölf Euro wie die gewerblichen Hersteller. „Wenn der Freibetrag abgeschafft wird, trifft es als Nächste die Abfindungsbrenner“, fürchtet Domig einen Dominoeffekt.
Wir lassen uns dieses Privileg nicht nehmen und haben in Brüssel Protest eingelegt.
Elmar Domig, Obmann VAKÖ
Stichwort
» Abfindungsbrenner: Für die privilegierten Brenner wurde der Name „Abfindungsbrenner“ erfunden. In diesen Fällen ist die Branntweinerzeugung beschränkt auf das eigene Obst und auf eine bestimmte Alkoholmenge im Jahr.
» Verschlussbrenner ist die Bezeichnung für den gewerblichen Produktionsbetrieb von Spirituosen, dessen Brenngeräte vollständig unter zollbehördlichem Verschluss stehen.