Die Rolle getauscht

Markt / 22.09.2017 • 22:18 Uhr
Die Bieter für das Wolford-Aktienpaket positionieren sich und üben Kritik an der früheren Aufsichtsratschefin.
Die Bieter für das Wolford-Aktienpaket positionieren sich und üben Kritik an der früheren Aufsichtsratschefin.

Wolford-Bieterrennen: Kritik an früherer Aufsichtsratschefin.

Bregenz Die Hauptversammlung des Bregenzer Strumpfherstellers Wolford am 14. September verursachte keine weiteren Laufmaschen. Der Vorstand wurde mit 99,97-prozentiger Zustimmung entlastet. Die Gespräche mit potenziellen Investoren wurden von den Aktionären gutgeheißen, verlautete nach der zweistündigen Hauptversammlung.

Rückzug im August

Rund 50 Interessenten haben, so Finanzvorstand Brigitte Kurz, ihr Interesse angemeldet, das zum Verkauf stehende Aktienpaket und damit die Mehrheit beim Luxus-Textiler übernehmen zu wollen. Sie und Vorstandsvorsitzender Axel Dreher gehen davon aus, dass das Paket an einen Bieter gehe. Und genau eine Bieterin aus der großen Zahl der Interessenten kennt die Öffentlichkeit: Antonella Mei-Pochtler. Seit 18. September 2014 Aufsichtsratsvorsitzende der Wolford AG, legte sie den Vorsitz heuer im August zurück. Sie wechselte die Rolle, denn sie selbst habe Interesse an der Übernahme des frei werdenden Aktienpakets. Mei-Pochtler hat nun im Gespräch mit dem Magazin „Trend“ auch bekannt gegeben, wie und mit wem sie die Wolford-Mehrheit übernehmen will: „Es ist ein interntionales Konsortium mit Erfahrung im Retail-Bereich in den USA und Asien. Dahinter stecken mehrere Family Offices.“ Dass sie als Aufsichtratsvorsitzende einen Informationsvorsprung hat, verneint sie: „Niemand kann mir vorwerfen, ich sei conflicted gewesen.“

Genau das sehen andere Wolford-Interessenten nicht so und das sorgt auch unter Börsianern und Wirtschaftsanwälten für Gesprächsstoff. Darf die Geschäftsführerin der Boston Consulting Group und Wirtschaftsberaterin des ÖVP-Kanzlerkandidaten Sebastian Kurz als ehemalige AR-Vorsitzende überhaupt mitbieten? Hat sie Insiderwissen, das ihr gegenüber anderen Bietern einen Vorteil verschafft? Einig sind sich die Experten darin, dass zumindest die Optik nicht wirklich vorteilhaft ist.

Sicher ist auf jeden Fall, dass ehemalige Vorstände bzw. Aufsichtsräte einen Wissensvorsprung haben, sie kennen die Strategie, sie wissen, was ein Unternehmen geplant hat. Das ist auch bei Management Buyouts immer wieder ein Thema. Und klar ist laut Aktienrecht auch, dass man relevante Insiderinformationen nicht zum eigenen Vorteil nutzen darf, sondern kursbeeinflussende Informationen sofort offenlegen muss. Die Wolford AG hat solche sogenannte AdHoc-Meldungen in den vergangenen Monaten oft im Wochentakt veröffentlicht. Klar ist aber auch, dass die ehemalige Aufsichtsratschefin vorderhand gegen keine Vorschriften verstoßen hat. Die Aufsichtsbehörden sehen derzeit keinen Anlass, etwas zu unternehmen. Klaus Grubelnik, Sprecher der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA), verweist bei Anfrage der VN an die Bundeswettbewerbsbehörde. Doch auch deren Chef, Theo Tanner, befindet sich noch in Warteposition. Man prüfe, wenn es um den Zusammenschluss mit einem Mitbewerber gehe, sagte er gegenüber den VN. Und das steht definitiv nicht fest, das kann erst geprüft werden, wenn das Bietergefecht entschieden ist.

Schaler Beigeschmack

Einen schalen Beigeschmack ortet auch der Dornbirner Wirtschaftsanwalt Wilhelm Klagian, selbst Mitglied in mehreren Aufsichtsräten. „Als Aufsichtsratsvorsitzender muss man mehr wissen. Das ist sicher ein Vorsprung“, sieht er einen Interessenkonflikt. Aber er nehme an, dass bislang alles rechtlich geklärt sei. Mitbewerber rüsten dennoch gegen Mei-Pochtler. Eine österreichisch-englische Bietergruppe hat sogar ein Dossier über die Aktivitäten Mei-Pochtlers im Aufsichtsrat und die damit einhergehenden Auswirkungen auf die Finanzen erstellt.

„Als Aufsichtsrat hat man sicher einen besseren Einblick in eine Firma.“