“Mehr Hemdsärmeligkeit gefragt”

Markt / 29.09.2017 • 18:44 Uhr
Alexander Abbrederis in der Pratopac-Produktion in Klaus. Bald soll der Produktionsbereich, der bislang noch in Weiler beheimatet ist, an diesen Standort ziehen.  VN/Lerch
Alexander Abbrederis in der Pratopac-Produktion in Klaus. Bald soll der Produktionsbereich, der bislang noch in Weiler beheimatet ist, an diesen Standort ziehen.  VN/Lerch

Pratopac-Geschäftsführer Alexander Abbrederis über Ökologie und Rahmenbedingungen.

Klaus Alexander Abbrederis ist Geschäftsführer des Verpackungsspezialisten Pratopac. Im Interview spricht er über Herausforderungen, wie ökologisch Verpackungen sind und was ihn an der Aufgabe in der Jungen Wirtschaft reizt.

 

Pratopac entstand 2014 aus dem Zusammenschluss von Giko Kartonagen und Giko Rundverpackungen. Wie kam es dazu?

Abbrederis Mein Vater war lange Geschäftsführer bei Giko und hatte auch Anteile. Er hatte ein Faible für diese beiden Betriebe. Der Fokus bei Giko lag aber eher auf den flexiblen Verpackungen. So hat er für seine Anteile die beiden Betriebe übernommen. Mein Vater hing am Namen Giko und wir hätten ihn auch weiterverwenden dürfen. Aber für den zweiten Geschäftsführer Jochen Schörgenhofer und mich war es einfach nicht unsere Identität. Das brauchte Überzeugungsarbeit, aber wir haben uns dann einen neuen Namen gesucht. Prato hängt mit Abbrederis zusammen. In Brederis gibt es eine Römersiedlung, die hieß früher Pratum.

 

Sie sind in den Bereichen Wellpappe, Spiralhülsen und Dosen tätig. Was entwickelt sich am dynamischsten?

Abbrederis Am stärksten wächst der Dosenbereich, also Lebenmittelverpackungen. Da kommt Ende des Monats eine neue Fertigungslinie, auf die wir schon sehnsüchtig warten, um die Kapazität zu steigern. Denn momentan ist die größte Herausforderung die, dass wir die Produkte liefern können. In diesen Bereich investieren wir auch am meisten. Zudem haben wir angefangen, abzufüllen. Wir haben kleine Kunden, die das nicht selber tun. Wir halten es aber bewusst klein, weil wir auch Zulieferer für die Abfüllindustrie sind. Insgesamt sind wir sehr diversifiziert. Das bringt zwar Chancen, vereinfacht die Dinge aber eher nicht. Es ist ein schwieriger Ansatz, aber er gefällt mir. Das macht uns widerstandsfähiger. Da die Firma zu 100 Prozent meinem Vater gehört, sind wir nicht dazu getrieben, auf Biegen und Brechen Gewinne zu machen, sondern können sukzessive an der Weiterentwicklung arbeiten.

Verpackungen stehen oft in Diskussion. Können sie ökologisch sein?

Abbrederis Die Verpackung an sich ist etwas sehr Ökologisches. Die Nahrung nimmt ein Drittel unseres ökologischen Fußabdrucks ein, die Verpackung ein Prozent. Die oberste Funktion einer Verpackung ist der Schutz des Lebensmittels. Es gibt eine UN-Studie, wonach 50 Prozent der Nahrung verloren gehen. In der Nordhalbkugel wegen der Überproduktion, in der Südhalbkugel, weil sie verdirbt. Das heißt, wenn wir unseren Konsum besser im Griff hätten, würde die Verpackung nur Gutes bringen.

 

Eine große Rolle im Unternehmen spielt die Energieeffizienz.

Abbrederis Wir schauen sehr darauf. Das ist natürlich auch meinem Vater geschuldet, weil ihn das Thema immer begleitet hat. Wir sind Ökoprofit-zertifiziert, sind im Klimaneutralitätsbündnis, wir produzieren nur mit Ökostrom und 90 Prozent unserer Verpackung ist recyceltes Papier. Es ist wichtig, dass man es sinnhaft betreibt. Von Greenwashing halte ich nichts. Aber natürlich braucht eine Lebensmittelverpackung eine Barriere und das ist derzeit nur mit Aluminium oder Kunststoff zu lösen. Es gibt Bestrebungen, diesen Anteil zurückzufahren, aber es ist illusorisch, ihn ganz herausbringen zu wollen. Ich kann die Verpackung nicht so weit zurückfahren, dass ich das Lebensmittel nicht mehr schütze, denn so würde sie ihre ureigenste Funktion verlieren.

 

Sie sind nicht nur Unternehmer, sondern auch Vorsitzender der Jungen Wirtschaft Vorarlberg. Was reizt Sie an der Aufgabe?

Abbrederis Mir sind gesellschaftspolitische Themen sehr wichtig. Es ist scheinheilig, sich über Dinge aufzuregen, aber selbst nichts zu tun. Es ist eine sehr spannende Aufgabe und wenn ich etwas bewegen kann, tue ich es gern. Nächstes Jahr kommen zum Beispiel über 1000 Jungunternehmer anlässlich der Bundestagung zu uns nach Vorarlberg. Das sind Meilensteine und da kann man auch einen Fußabdruck hinterlassen.

 

Sind Sie mit den Rahmenbedingungen im Land zufrieden oder sehen Sie Handlungsbedarf?

Abbrederis Um eine prosperierende Wirtschaft langfristig erhalten zu können, brauchen wir einen starken Fokus auf Innovation, Bildung und nachhaltiges Wirtschaften, dann bekommen wir auch wieder eine gesunde Balance. Billiges Geld und zwanghaftes Festhalten an Strukturen bringen uns nicht weiter. Wenn wir Dinge aufzeigen, merken wir aber auch, dass man im Land für die Umsetzung sehr lange braucht. Wir haben einfach eine sehr starke Bürokratie. Im Wahlkampf redet jeder von Zukunft, aber es passiert dennoch nichts. Ich würde mir einfach mehr Hemdsärmeligkeit wünschen.

 

In den vergangenen Monaten haben sich viele Menschen gegen Bauvorhaben der Wirtschaft ausgesprochen. Sehen Sie eine Veränderung in der öffentlichen Meinung?

Abbrederis Die Politik soll nicht jedem alles ermöglichen, aber es braucht Konzepte und die Wirtschaft braucht Rahmenbedingungen. Mein oberstes Anliegen ist, dass es den Mitarbeitern gut geht. Aber aktuell bewege ich mich knapp am Rande der Illegalität, wenn ich täglich darauf schauen muss, dass niemand bei uns zehn Stunden und fünf Minuten arbeitet. Das zu strafen, ist überreguliert.

 

Worin sehen Sie die Vor- und Nachteile als Vertreter der zweiten Unternehmergeneration?

Abbrederis Der einzige Nachteil ist, dass ich verhaftet bin, was die langfristige Verantwortung der Firma anlangt. Ansonsten sehe ich nur Vorteile. Der Kontakt mit meinem Vater ist sehr gut. Er ist offiziell in Pension, aber noch oft im Betrieb. Sein Wissen und seine Erfahrung sind für mich enorm wichtig.

„Diversifikation ist an sich ein schwieriger Ansatz, aber er gefällt mir gut.“ 

Alexander Abbrederis ist auch Vorsitzender der Jungen Wirtschaft Vorarlberg.

Alexander Abbrederis ist auch Vorsitzender der Jungen Wirtschaft Vorarlberg.

Kennzahlen

Gesellschafter WA Holding GmbH

Gegründet: 2002, Umfirmierung 2014

Geschäftsführer Alexander Abbrederis, Jochen Schörgenhofer

Umsatz 2016 16 Millionen Euro

Mitarbeiter 50

Tochterfirma Einpack (100 % WA Holding GmbH)

Produkte Rundverpackungen, Kartonagen etc.

Privat

Geboren 2. Februar 1981

Ausbildung Waldorfschule, BORG Feldkirch, Wirtschaftsinformatik Uni Liechtenstein, Studium Betriebswirtschaftslehre an der Universität Innsbruck

Laufbahn Hypo Bank (Marketing), seit 2014 Geschäftsführung Pratopac

Familie verheiratet

 

Alexander Abbrederis ist Vorsitzender der Jungen Wirtschaft Vorarlberg, das raubt ihm etliche Stunden seiner freien Zeit. Er schätze das Netzwerk und auch die Möglichkeit, die Wünsche der jungen Unternehmer an die Öffentlichkeit zu tragen und zu thematisieren. Ansonsten sucht der Pratopac-Geschäftsführer Ausgleich im Sport, gerne steigt er dabei aufs Fahrrad, dem seit früher Jugend seine besondere Aufmerksamkeit gehört. Immerhin betrieb er den Radsport früher auf Wettkampfniveau und war sogar auch in der Nationalauswahl, erzählt er. Im Winter tauscht er Mountainbike und Rennrad gegen Tourenski. Beim Sport kann er abschalten und man lerne sich dabei selbst besser kennen, so Abbrederis.