“Die Bürokratie macht vielen Angst”

Markt / 06.10.2017 • 22:09 Uhr
Harald Mahrer, Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, im VN-Gespräch. VN/Steurer
Harald Mahrer, Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, im VN-Gespräch. VN/Steurer

Bundesminister Harald Mahrer über Chancen für die Wirtschaft und was er nach der Wahl vor hat.

Dornbirn Harald Mahrer, Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, würde sich nie als klassischen Politiker bezeichnen. „Ich wollte als erfahrener Unternehmer dem Land etwas zurückgeben“, begründet er den Schritt vor drei Jahren, in die Politik zu wechseln. Aber letztlich sei es wie bei einem Joghurt mit Ablaufdatum. „Irgendwann wird es schlecht.“ Und was passiert nach der Wahl? Mahrer will wieder in die Privatwirtschaft wechseln, falls die neue Volkspartei in Opposition gehen muss. Mit Sebastian Kurz in der Regierung, kann er sich da vorstellen, Wirtschaftsminister zu bleiben? „Das ist zuerst einmal die Entscheidung der Wähler. Ich bin da aber sehr relaxt, auch weil ich nie vom System Politik abhängig war“, sagt der Minister im VN-Gespräch.

Noch ist Mahrer aber Wirtschaftsminister und als solcher hat er eine klare Botschaft für die Unternehmer des Landes: Nämlich, sich mehr auf die Chancen zu konzentrieren. Die Digitalisierung bedeute eine große Umbruchzeit und die Wirtschaft könne hier der Veränderungstreiber sein. „Insgesamt sind die Chancen größer als die Bedrohungen. Die Frage ist nur, welches Land wird der Innovationsführer?“ Dabei gelte es nicht nur, sich innerhalb Europas zu messen. Der große Wettbewerb finde vielmehr in den südostasiatischen Ländern statt, ist Mahrer überzeugt.

Das wichtigste Thema für die Unternehmer sieht er insgesamt klar im Bürokratieabbau. „Die zentralste Frage sind sicherlich die Auflagen in der Verwaltung. Vielen macht die bürokratische Belastung regelrecht Angst. Sie sehen sich als Bittsteller“, erklärt der Bundesminister. Auch brauche es flexiblere Arbeitszeiten. „Man muss den Job machen können, wenn er anfällt“, plädiert er. Zudem sei der Fachkräftemangel ein großes Thema. „Viele sagen, wir könnten wachsen, wenn wir Arbeitskräfte finden würden.“

Auch für den Tourismus soll es Erleichterungen geben. Die Rücknahme der Mehrwertsteuererhöhung ist dabei ein großer Wunsch der Branche. „Man muss die Größe haben sich einzugestehen, dass man etwas falsch gemacht hat und es zurücknehmen“, so Mahrer. Ebenfalls sei es nicht sehr prickelnd, eine Badsanierung in einem Hotel 40 Jahre lang abzuschreiben. Dies müsse man verkürzen. „Gerade auch weil technische Investitionen viel kürzeren Entwicklungszyklen unterliegen.“

In Sachen Anreize für Investitionen sieht der Minister generell Handlungsbedarf. Dadurch, dass man die Banken nach der Finanzkrise an die Kandare genommen habe, habe sich ein Spannungsfeld aufgetan. Während manche neuen Marktbereiche mehr Risiko verlangen, dürften die Banken dieses aber nicht mehr finanzieren.

Sorgen, weil sich mittlerweile
fast alle Parteien als Wirtschaftspartei positionieren, macht er sich derweil aber nicht. „Ich freue mich darüber, dass sie unsere Unternehmen als Motor entdecken“, sagt Mahrer. Er frage sich nur, ob sie es im Detail dann wirklich so ernst meinen.

Forscher sollen gründen

Ernst sind Harald Mahrer persönlich Themen wie Digitalisierung und Innovation. Kürzlich hat er seine neue Gründerinitiative „Spin-off Austria“ präsentiert. Was dahinter steckt? Damit sollen sich die Ausgründungen aus Universitäten erhöhen. Sprich, es soll mehr Forscher an Hochschulen und Forschungseinrichtungen geben, die gründen. Vorbild für die Initiative ist das „Pioneer Fellowship“-Programm der ETH Zürich. „Davon erhoffe ich mir sehr viel“, sagt Mahrer.

Und wenn er nach der Wahl doch weiter Wirtschaftsminister bleibt? „Wenn, dann mache ich das weiterhin mit großer Leidenschaft.“

„Es ist wie bei einem Joghurt mit Ablaufdatum. Irgendwann wird es schlecht.“

Zur Person

Harald Mahrer

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

Geboren am 27. März 1973 in Wien

Ausbildung Studium Betriebswirtschaft, Doktorat Sozial- und Wirtschaftswissenschaften

Laufbahn Forschungsassistent; Geschäftsführender Gesellschafter in der Privatwirtschaft; Staatssekretär; seit 17. Mai 2017 Bundesminister