„Die absolut richtige Entscheidung“

Der Kästle-Ski RX12 ist Rennlauf-inspiriert und sorgt auch bei Tempo für Stabilität.
Kästle-Geschäftsführer Bernd Knünz über die Rückkehr nach Hohenems und die Kraft der Marke.
Hohenems Bernd Knünz ist Geschäftsführer von Kästle. Im Interview spricht er über das Comeback der Marke, den heutigen Fokus und die Zukunft des Skimarktes.
Die derzeitige Schneelage dürfte Sie als Chef einer Skimarke freuen.
Knünz Absolut. Das Echo am Markt ist ein sehr, sehr gutes. Einerseits haben sich viele über den Schnee gefreut. Man merkt, dass die Motivation zum Skisport ungebrochen ist. Andererseits sind es die Händler, die ihre Nachbestellungen machen. Somit können wir auch in Zahlen fassen, dass das Interesse, das durch den Schnee ausgelöst wurde, stark angezogen hat. Ein guter Winter motiviert die Menschen, neues Skimaterial zu kaufen.
Zweieinhalb Jahre sind seit der Rückkehr in die alte Heimat Hohenems vergangen. Wie ist das Resümee? Ist die Reanimierung der Marke gelungen?
Knünz Eine Marke, die erfolgreich sein will, hat die wesentliche Aufgabe, am Heimmarkt eine gute Arbeit zu leisten. Wir haben die Vorarlberger Marke wieder zurück nach Vorarlberg geholt, um wieder an die Wurzeln anzuschließen. Man merkt, dass sie hier einen großen Stellenwert hat. Die Rückkehr war rückblickend also die strategisch absolut richtige Entscheidung.
Wie herausfordernd ist der Sprung vom großen Hersteller zum feinen Premiumanbieter?
Knünz Es ist eine komplett neue Positionierung. Kästle aus 1990 ist nicht mehr mit heute vergleichbar. Aber wesentliche Elemente von damals konnten wir mitnehmen. Die Geschichte, beginnend im Jahr 1924, ist immer noch eine unserer wichtigsten Kernkompetenzen, auf die wir aufbauen. Die Skiwelt hat über 350 registrierte Marken. Da muss man sich differenzieren. Natürlich stehen bei uns die Top-Qualität und die Funktionalität des Produkts im Vordergrund, aber die lange Geschichte ist schon auch ein wesentliches Argument.
Der Skimarkt hat sich sehr verändert. Skier werden oft nicht mehr gekauft, sondern gemietet. Außerdem gibt es auch im Premiumbereich viele kleine, handwerkliche Ski-Erzeuger. Was hat das für Auswirkungen auf Ihr Geschäft?
Knünz Es hatte natürlich auf Kästle bis zum Jahr 1998 eine große Auswirkung. Der Sprung von neun Millionen Paar Ski Mitte der 80er-Jahre auf jetzt knapp unter drei Millionen, die weltweit verkauft werden, hat eine starke Konsolidierung am Markt hervorgerufen. Dem fiel auch Kästle zum Opfer. Heute sind wir in einem Premiumsegment mit einer klaren Botschaft. Wir verkaufen heute zwischen 16.000 und 18.000 Paar Ski. Unsere Marktanteile können wir gut halten und in kleinen Stufen sogar ausbauen. Wenn man sieht, dass der Markt in Summe nicht größer wird, sind wir damit sehr glücklich.
Wie wird sich der Skisport ingesamt weiterentwickeln?
Knünz China ist beispielsweise ein großer Hoffnungsmarkt, aber es lässt sich noch schwer abschätzen, was sich hier tatsächlich in Zahlen tut. Ich glaube, wir sind bei der Menge schon bei einer gewissen Konsolidierungsuntergrenze angekommen. Die zusätzlichen Einflüsse werden also vermutlich die Mengen stabil halten beziehungsweise sichern. Dazu kommt die ungebrochene Motivation der Konsumenten, Skifahren zu gehen. Wir erwarten also eher eine Seitbewegung am Markt und keine disruptive Veränderung nach unten oder oben.
Wie hat sich die Zusammenführung von Kästle und Differences bewährt?
Knünz Es ist sicher nicht einfach, zwei Firmen zusammenzuführen, die unterschiedliche Kulturen haben. Dass wir dadurch als Kästle eine eigene Produktion haben, ist für uns ein Know-how-Aufbau-Pool und ein Beschleuniger für neue Ideen. So herausfordernd es also am Anfang war, so gut ist heute das Ergebnis. Wir sind sehr stolz. Skier in limitierter Auflage wären sonst gar nicht möglich, weil uns diese Art kein industrieller Hersteller baut. Und wir können auch Vorprojekte machen. Heißt, die ersten Skier bei uns im Haus bauen, diese testen, feinjustieren und dann mit dem Entwicklungplan und dem potenziellen Ski zum potenziellen Lieferanten gehen. Das ist eine Qualität, die uns in unserer Entwicklung klar nach vorne bringt.
Kleinserien werden in Hohenems gefertigt. Wo die anderen Skier?
Knünz Wir haben bei uns im Haus eine Prototypen- und Kleinserienproduktion. Genauso haben wir einen Ski für unsere Vorarlberger Athleten im Skibergsteigen hier entworfen und gebaut. Und wir haben österreichische Lieferanten, die für uns in Östereich produzieren müssen. Es gibt keine zweite österreichische Marke, die in der Menge über wenige Hundert Paar Skier hinausgeht, die einen so hohen durchschnittlichen Wertschöpfungsanteil im Land hat wie Kästle.
Neben dem Skibereich bietet Kästle Technology sein Know-how in Sachen Verfahren und Werkstoffe auch für andere Branchen an. Wie entwickelt sich dieses Angebot?
Knünz Die Technologien, die im Skibereich liegen, verwenden wir dazu, ausgesuchte Komposit-Projekte zu beschleunigen. Die Technologien aus dem Komposit-Bereich verwenden wir, um im Skibereich weiterzukommen. Ein Beispiel: Unser limitierter Ski mit Holzteiloberfläche hat einen Sichtkarbon drauf. Wie wir mit dem Material umgehen müssen, haben wir aus einem Wasserskiprojekt gelernt. Rainer Nachbaur ist der Entwickler bei uns und es ist klar sein Verdienst.
Gibt es Pläne, dass Kästle künftig wie in alten Zeiten wieder im alpinen Skirennlauf mitmischt?
Knünz Wir haben erfolgreiche Sportler bei uns. Im Skibergsteigen oder im Freeride. Der alpine Rennlauf macht für eine kleine Marke wie uns aber keinen Sinn. Die Einstiegshürde in Österreich ist sehr hoch. Da muss man immer Kosten-Nutzen-Rechnungen anstellen.
„Unsere Marktanteile können wir gut halten und in kleinen Stufen sogar ausbauen.“

Kennzahlen
Gegründet 1924 von Anton Kästle, Übernahme Fischer 1968, Benetton 1991, Neugründung 2007
Gesellschafter Knünz GmbH (Anteil: 62 %), Rainer Nachbaur (12 %),
Bernd Knünz (12 %), Christopher Davenport (5 %), Wolfgang Kappl
(4 %) Alexander Lotschak (5 %)
Mitarbeiter 50
Umsatz 7 Mill. Euro
Produktion ca. 18.000 Paar Ski
Privat
Bernd Knünz
Geschäftsführer und Gesellschafter Kästle GmbH
Geboren 14. April 1973
Ausbildung Studium Sportwissenschaften (Schwerpunkt Prävention, Biomechanik), MBA-Studium Uni
St. Gallen (Betriebswirtschaft)
Laufbahn Unternehmen Knünz Krulatz OEG für Trainings gegründet, Organisation Winteruniversiade 2005, Projektmanagement, Geschäftsführung Markas GmbH (Facility Management), Geschäftsführung Kästle GmbH
Familie ledig, Lebensgefährtin
Bernd Knünz stand schon von Kindesbeinen an auf den Brettern, die auch heute seine Welt bedeuten. In der Jugend ist er auch kurz Rennen gefahren („nicht lange, nicht erfolgreich“), hat im Studium die Skitrainer- und -lehrerausbildung gemacht und wedelt bis heute gerne über die Tiefschneehänge und genießt Skitouren „mit den Geräten aus dem eigenen Unternehmen“. Auch im Sommer will er die Berge nicht missen und erobert sie auf dem Mountainbike.