“Wir haben uns immer weiterentwickelt”

Markt / 23.02.2018 • 18:25 Uhr
Das Walser-Sortiment umfasst Komfort- und Sicherheitsartikel rund ums Auto.

Das Walser-Sortiment umfasst Komfort- und Sicherheitsartikel rund ums Auto.

Hans-Karl Walser über den Weg zum Marktführer bei Auto-Innenausstattung.

Hohenems Hans-Karl Walser ist mit seinem Unternehmen Marktführer bei Autositzbezügen. Der Weg zum Erfolg war dabei von einigen Herausforderungen geprägt.

 

In Vorarlberg ist Walser vor allem für Leder und Mode bekannt. Mit Auto-Innenausstattung sind Sie aber Marktführer. Was war zuerst da?

Walser Das Modehaus hat die Ursprünge in einem Fell- und Ledergroßhandel, der 1919 gegründet wurde. Für mich war aber klar, dass das nicht mein Lebensinhalt ist, weil das Geschäft stark abhängig von Auktionen war. Deshalb haben meine Frau Ingeborg und ich 1977 begonnen, aus den Lammfellen ein Fertigprodukt zu machen. Damals war es das klassische Autolammfell. Dann kam im Jahr 1978/79 die Luxusmehrwertsteuer. 32 Prozent auf Schmuck, Autos und unglücklicherweise auch auf unsere Autofelle, obwohl es ein landwirtschaftliches Abfallprodukt ist.

 

Sie mussten sich neu orientieren?

Walser Ja, und so haben wir Autofelle aus Webpelz gemacht, später aus textilen Materialien. Auf Anraten unserer Kunden – große Versandhäuser und Einzelhandelsketten – wurde das Sortiment dann auch breiter. Es kamen Autoteppiche und Autozubehör dazu. Das hat gut funktioniert, bis in den 80er-Jahren die erste Ölkrise kam. Deshalb haben wir uns wieder in Richtung Dekorfelle weiterentwickelt. In den 90er-Jahren hat die Automobilindustrie dann den Seitenairbag erfunden. Das war wieder eine Herausforderung.

 

Wie haben Sie darauf reagiert?

Walser Wir haben uns mit der Technik beschäftigt und sind draufgekommen, dass wir das System, das die Automobilindustrie für die Erstausrüstung macht, für die Zweitausrüstung machen. Wir haben dann die Dokunaht kreiert. Sie dokumentiert die Naht. Das ist notwendig, um nachzuweisen, dass sich diese Naht bei einem Unfall innerhalb von 0,2 Millisekunden öffnet. Dass wir in die Technologie rund drei Millionen Euro investiert haben, hat uns einen Platz als Marktführer gesichert. So produzieren wir europa- und weltweit die höchste Anzahl an Autositzbezügen. Letztlich wären unsere Erfolge aber ohne die Unterstützung meiner Frau Inge und unser tolles Team nicht möglich gewesen.

Im Automobilbereich Fuß zu fassen, ist generell nicht einfach. Mit welchen Produkten konnten Sie Hersteller und Handel überzeugen?

Walser Bei der ersten Automechanika-Messe Anfang der 80er-Jahre gab es 36 Aussteller mit unseren oder ähnlichen Produkten. Bei der letzten Messe 2016 waren es noch drei. Es hat eine große Konzentration stattgefunden. Ein Grund ist sicher das Thema Seitenairbag. Für eine Firma, die sich nicht auf das Thema konzentriert, ist es kaum leistbar, alle Prüfungen zu absolvieren. Zum anderen ist es die Leidenschaft für die Produkte und Lösungen. Wir haben Kunden, die uns seit knapp 40 Jahren begleiten. Wir sind gute Partner, haben eine entsprechende Größe und können in dieser Bandbreite Kunden in allen Handelsstufen bedienen. Das ist anstrengend, hilft uns aber auch, diverse Gewitter durchzustehen.

 

Zu Ihren Kunden zählen praktisch alle großen Automobilhersteller und Handelsketten.

Walser Wir sind Lieferant bei acht von zehn großen Handelsketten im Bereich Selbstbedienungswarenhaus und haben Produkte für alle Automarken. Dort liefern wir aber nicht in den Erstausrüsterbereich, sondern sind Lieferant von Zweitausrüstern.

 

Ist Autozubehör eigentlich Trends unterworfen?

Walser Wir sind in einem Modetrend, aber er ist nicht so exzessiv wie bei Fashion oder Sport. Bei uns ist alles immer ein halbes Jahr später. Wir sind vollstufig, haben alle nötigen Teams in unserem Haus. Mittlerweile haben wir für die optimale Vermarktung unserer Produkte über die digitalen Vertriebskanäle sogar ein Filmstudio.

 

Inwieweit haben die Umbrüche in der Automobilindustrie Auswirkungen auf Ihr Geschäft?

Walser Es gibt immer wieder neue Herausforderungen. Ein Vorteil ist, dass wir den großen Trends im Elektromobilitätsbereich nicht so sehr ausgesetzt sind. Denn unsere Komfort- und Sicherheitsartikel sind dort genauso notwendig. Das Bedürfnis, den Fußraum zu schützen oder bequemer zu sitzen, bleibt. Die Herausforderung ist vielmehr, Produkte zu entwickeln, die leicht zu reinigen und zu montieren sind, weil der Innenraum in neuen Mobilen vielmehr an Lounge-Landschaften erinnert. Dafür braucht es andere Lösungen.

 

Wie können Sie smarte Textilien für Ihr Angebot nutzen?

Walser Etwa im Bereich Wärmetechnologie. Bei Sitzauflagen ist der Stand der Technik, dass man elektrisch heizbare Fäden verlegt. Bei Smart Textiles werden diese Fäden gestickt. Es geht auch darum, zusätzlich zu kühlen. Ein anderer Bereich sind Funktionssitzbezugsstoffe. Mit unserer Aerotex-Lösung haben wir einen Sitzbezug, der atmet. Wir nutzen hier den Aktivkreis von Günter Grabher und haben ein gutes Naheverhältnis zur FH als Entwicklungspartner. Dieses Umfeld ist für uns sehr wichtig und inspirierend. Oft sind es Fragestellungen, die man nicht allein, aber in Gemeinschaft lösen kann.

 

Walser hat Standorte in sieben Ländern weltweit: für den Vertrieb oder wird dort produziert?

Walser Es wird hauptsächlich im asiatischen Raum produziert. Hangzhou (China) war für uns bislang eine reine Beschaffungs- und Qualitätsplattform. Seit Jänner verkaufen wir auf dem chinesischen Markt aber auch auf diversen E-Commerce-Plattformen. Hier haben wir erste gute Verkäufe gemacht. Hongkong ist eine Vertriebsniederlassung. Viele Kunden wollen die Waren direkt ab Produktionsstätte kaufen.

„Dropshipment heißt, wir halten im Zentrallager Hamburg die Waren für Kunden vorrätig.“

Allein für seine Sitzbezüge hat Walser momentan acht Patente und 20 Gebrauchsmuster. „Wir dachten bis vor Kurzem, das ist es. Ist es aber nicht“, sagt Hans-Karl Walser.  VN/Lerch
Allein für seine Sitzbezüge hat Walser momentan acht Patente und 20 Gebrauchsmuster. „Wir dachten bis vor Kurzem, das ist es. Ist es aber nicht“, sagt Hans-Karl Walser.  VN/Lerch

Kennzahlen

Gegründet Fell- und Lederhandel 1919, Walser GmbH 1977

Geschäftsführer Hans Karl Walser

Gesellschafter Walser Immobilien- und Beteiligungs GmbH (Fam. Walser, Anteil: 100 %)

Umsatz 2017 35 Millionen Euro

Mitarbeiter 50

Standorte Hohenems (Hauptsitz), Schweiz, China, Deutschland, Hongkong und USA

Privat

Hans-Karl Walser
Geschäftsführer, Gründer und Eigentümer Walser GmbH

Geboren 18. Dezember 1953

Ausbildung Pflichtschulen, Absolvent der Handelsschule Bregenz, zahlreiche Weiterbildungen, Workshops und Seminare

Laufbahn Eintritt in den elterlichen Betrieb, 1977 Gründung der Walser GmbH, Kommerzialrat, Fachgruppenobmann des Außenhandels in der WKV

Familie verheiratet mit Ingeborg, eine Tochter und ein Sohn

 

Hans-Karl Walser ist viel unterwegs, zu Kunden, zu den Standorten des Unternehmens, die sich über den ganzen Globus verteilen, und natürlich zu den Produzenten, die umsetzen, was in Hohenems entwickelt wird. In der Freizeit ist der Hohenemser deshalb gerne in der Heimat unterwegs: „Wir haben in Vorarlberg alles, was man sich vorstellen kann: den Bodensee und die Berge.“ Die Walsers gehen denn auch gerne wandern, „im Winter gehe ich fellen“, also auf Skitouren in die Vorarlberger Bergwelt.