Gleichberechtigung für den Meister rollt an

Markt / 07.03.2018 • 22:21 Uhr
Die Regierung will den Meister dem Ingenieur und Bachelor gleichstellen. 
Die Regierung will den Meister dem Ingenieur und Bachelor gleichstellen. 

Standortpaket: Weniger Bürokratie, geringere Strafen, kürzere UVP.

Wien Es braucht ein stärkeres Bewusstsein für den wirtschaftlichen Erfolg eines Landes, der auch den Sozialstaat finanziert, begründet Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) das Maßnahmenpaket, das die Regierung für den Wirtschaftsstandort geschnürt hat. Geplant ist ein Standortgesetz, kürzere Umweltverträglichkeitsprüfungen und weniger Bürokratie für Unternehmer. Denn diese würden unter einer Regelungswut leiden. Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) erklärt, man wolle eine ausgesprochen wirtschaftsfreundliche Regierung sein und verweist auf die angekündigten zwei Milliarden Euro schweren Bahninvestitionen sowie den Bau der dritten Piste am Flughafen Wien. Wirtschaftswachstum, Standort und Beschäftigung werden außerdem, so sich eine Zwei-Drittel-Mehrheit findet – neben Umweltschutz – zu in der Verfassung verankerten Staatszielen. Die für die Verfassungsmehrheit infrage kommenden Oppositionsparteien SPÖ und Neos sind diesbezüglich skeptisch. Matthias Strolz ließ offen, ob die Neos ihre Stimmen für eine „Aufblähung der Verfassung“ hergeben wird.

Bis Ende Juni 2018 soll Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) ein Standortentwicklungsgesetz ausarbeiten. Ziel sei es, Infrastrukturprojekte schneller zu genehmigen. Zu den weiteren Punkten zählt eine Erweiterung der Genehmigungsfreistellungsverordnung (wovon 18.000 Unternehmen profitieren sollen) sowie die Reduktion der Beauftragten in Firmen, außerdem sollen Behörden Unternehmer mehr beraten statt strafen. Die Strafhöhe soll sinken, indem es statt Mehrfachstrafen (Kumulationsprinzip bei Verwaltungsübertretungen) nur noch eine Strafe gibt.

Im Bereich der Ausbildung plant die Regierung eine Gesamtstrategie zur Lehre mit neuen und überarbeiteten Lehrberufen. Der Meister wird dem Ingenieur und Bachelor im Nationalen Qualifikationsrahmen gleichgestellt. Ebenfalls zum Paket zählt die Regierung den neuen Unterrichtsgegenstand „Digitale Grundbildung“, der als verbindliche Übung im Herbst 2018 in den Regelbetrieb geht.

Die angekündigte Steuersenkung für Unternehmen ist indes erst im Zug einer Steuerreform 2020 geplant, die Einführung des Zwölf-Stunden-Arbeitstags will Kanzler Kurz noch heuer umsetzen.

Lob und Kritik an Maßnahmen

Während das Wirtschaftspaket bei wirtschaftsnahen Organisationen naturgemäß auf Zustimmung stößt, gibt es auch ablehnende Reaktionen. vida-Gewerkschafter Roman Hebenstreit nahm das Staatsziel Wirtschaft zum Anlass, um sich auch „gute Einkommen“ als weiteres Staatsziel zu wünschen. Die Arbeiterkammer fordert mehr Balance. „Ein einseitiger Wettbewerbsbegriff, der immer nur das Wohl der Unternehmen, nicht aber das der Beschäftigten im Blick hat, gehört nicht in die Verfassung“, so AK-Direktor Christoph Klein. Umweltschutzorganisationen wie WWF, Greenpeace, Virus oder Global 2000 beklagen unisono, dass mit dem Staatsziel Wirtschaft die anderen Staatsziele wie Tierschutz oder Umweltschutz in UVP-Verfahren ausgehebelt werden könnten.