Von der Kunst, sich zu erneuern

Wieso Unternehmen für Veränderungsprozesse keine Krise als Auslöser brauchen.
Bregenz Bereits Charles Darwin war bewusst: „Es ist nicht die stärkste Spezie die überlebt, auch nicht die intelligenteste, es ist diejenige, die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann.“ Das Zitat ist heute so aktuell wie nie. Leben wir doch in einer Welt ständiger Veränderungen. Aber was heißt das für Unternehmen? Und wie können sie sich neu erfinden? Change-Management-Modelle gibt es bereits seit Ende der 70er-Jahre, aber Hans-Joachim Gergs, als langjähriger Berater der Audi AG und Dozent der TU München somit Experte in Theorie und Praxis, widerspricht vielen gängigen Ansätzen.
So brauche ein Unternehmen beispielsweise keine Krise als Auslöser, um sich zu erneuern. Eine Veränderungsbereitschaft müsse aus den Unternehmen selbst kommen und könne nicht von außen ausgelöst werden. Genauso wenig könne sie verordnet werden. Gleichzeitig müsse der Initiator nicht automatisch die Unternehmensspitze sein. „Es sind die Experten, die die Agenda setzen. Hier gilt es Räume zu schaffen, wo Ideen eingebracht werden können. Denn die klassische Idee, wonach der Chef auch im technischen Bereich die Speerspitze bilden muss, kann man in Zeiten dieser enormen Dynamik vergessen“, sagt Gergs, der auf Einladung der Kommunikationsberatung wikopreventk in Bregenz weilt.
Diese hat einen neuen Geschäftsbereich aufgebaut, der sich Veränderungsprozessen widmet. Geleitet wird er von Astrid Kühn-Ulrich, die zuletzt die Unternehmenskommunikation der Zumtobel Group verantwortete.
Intranet ist zu wenig
Um Veränderung ins Unternehmen zu bringen, dafür reiche die klassische interne Kommunikation nicht aus, sagt sie. „Intranet und Veranstaltungen sind zu wenig. Es braucht die Zusammenarbeit mit der Personalabteilung, man muss die Mitarbeiter nicht nur informieren, sondern auch miteinbeziehen, deren Sorgen und Ideen aufnehmen.“ Nur so entstehe ein Dialog. „Der Hauptpunkt in fast jeder Mitarbeiterbefragung ist die fehlende Kommunikation“, weiß sie aus der Praxis. Dabei würden Mitarbeiter am besten wissen, „wo der Hase im Pfeffer liegt“. Oft sei die Frage nur, wer sagt es dem Chef.
Fähigkeit zur Reflexion
Je besser die interne Kommunikation, desto besser die Selbstreflexion, ist auch Hans-Joachim Gergs überzeugt. Oft fehle aber in Unternehmen eine positive Fehlerkultur. Heißt, Dinge auszuprobieren und gegebenfalls aus Fehlern zu lernen. „Wir wissen aus der Praxis, dass in Firmen nicht jedes Produktexperiment auch funktioniert. Genauso ist es in der Wissenschaft. Das bringt aber wiederum Wissen“, sagt der Veränderungsberater, der für sein neues Buch „Die Kunst der kontinuierlichen Selbsterneuerung“ auch viele Unternehmer befragt hat. Seine Quintessenz: „Erfolg ist flüchtig. Wir alle wissen nicht, was die Zukunft bringt, aber man muss darauf vorbereitet sein.“ Darum sei die Fähigkeit zur Reflexion so enorm wichtig. „Das ist die Grundlage für Erneuerung.“