“Gut, auf mehreren Beinen zu stehen”

Ahnengalerie: Vater Karl-Ludwig Jäger übernahm 1957 die Leitung der Firma.
Guntram Jäger leitet die Geschicke des Schrunser Bauunternehmens.
Schruns Guntram Jäger führt in dritter Generation das Schrunser Unternehmen Jäger Bau. Im Interview spricht er über volle Auftragsbücher, den Vorteil einer breiten Aufstellung und warum Jäger Bau von vielen um seine Mitarbeiter beneidet wird.
Die Bauwirtschaft hat momentan kaum Grund zur Klage. Die Auftragsbücher sind voll. Auch bei Jäger Bau?
Jäger Das stimmt, das gesamtwirtschaftliche Umfeld ist sehr gut im Moment. Es ist aber je nach Baubereich unterschiedlich. Sehr stark ist der Hochbau, speziell der Wohnbau, und auch Industrie und Gewerbe. Dafür ist der Straßenbau quasi nicht mehr vorhanden. Im Untertagebau ist an sich ein großes Volumen da. Die Preisschlacht ist aber brutal.
Ist man durch die breite Aufstellung krisensicherer?
Jäger Die Diversifikation macht durchaus Sinn, solange man sich nicht verzettelt und sich im Kernbereich bewegt. So ist unser Transportsektor mit der Firma STAG eng mit dem Baubereich verbunden. Damit transportieren wie zum Beispiel den gesamten Zement für Vorarlberg. Die Firma wurde beim Bau der Kops-Staumauer gegründet. Eigentlich wollte man den Zement mit einer Materialseilbahn transportieren. Mein Vater hatte dann die Idee, den Zement lose auf die Baustelle per Lkw zu bringen.
Jäger Bau realisiert und vermarktet auch Ferienresorts. Diese Art von Projekten stehen oft wegen der „kalten Betten“ unter Generalverdacht.
Jäger Wir sind wahrscheinlich der bedeutendste Tourismus-Projektentwickler im alpinen Raum und haben bereits über 3500 Betten realisiert. Davon sind drei Viertel für die gewerbliche Vermietung und ein Viertel hat eine Ferienwohnungswidmung. In Salzburg bauen wir gerade ein 500-Betten-Resort mit einem Projektvolumen von 53 Mill. Euro. Die Vermietung soll 100.000 Gästenächtigungen bringen. Wir achten strikt darauf, dass wir nicht im Geringsten irgendetwas Illegales oder auch nur Halblegales machen. Es ist deshalb immer schade, dass die seriösen Firmen unter Generalverdacht gestellt werden und teilweise sehr vorsichtig und misstrauisch beäugt werden.
Die ersten Projekte von Jäger Bau nach der Gründung waren Triebwasserstollen für die Wasserkraftwerke im Montafon. Aktuell arbeiten Sie im Obervermuntwerk II. Nimmt dieser Bereich im Unternehmen eine besondere Stellung ein?
Jäger Der Untertagebau ist historisch das stärkste Geschäftsfeld und unsere Kernkompetenz. Wir haben in den Gründerjahren 100 Prozent der Aufträge im Kraftwerks- und Tunnelbau umgesetzt. Natürlich hat sich das geändert. Gott sei Dank, denn das Risiko ist hoch und die Margen sind klein. Somit ist es gut, dass wir heute auf mehreren Beinen stehen.
Wie groß ist der Markt in diesem Segment?
Jäger Der Markt ist riesig, auch deshalb, weil man weltweit anbieten muss. Das hat einen Grund. Wir sind ja spezialisiert auf mechanische Vortriebe mit Tunnelbohrmaschinen, und diese sind im Durchmesser praktisch nicht veränderbar sowie auf eine gewisse Geologie und Arbeitsweise ausgerichtet. Nachdem man so eine Maschine nicht auf einer einzigen Baustelle abschreiben kann, muss man danach Projekte suchen, die zu dieser Maschine passen. Und diese findet man nicht vor der Haustüre.
Sehen Sie die Tendenz, dass aufgrund des zunehmenden Verkehrs mehr in Tunnel verlegt wird?
Jäger Eigentlich nicht. Wo sehr viel investiert wird, ist der Bahnbau. Aktuell sind wir beispielsweise im Koralmtunnel mit dabei. Wobei das ein wenig sinnvolles Projekt ist und quasi ein Kuhhandel zwischen Jörg Haider und Wolfgang Schüssel war. Er kostet viele Milliarden Euro und die baltisch-adriatische Achse ist eine Schnapsidee. Hier gibt es weder große Güter- noch Personenströme. Aber es wurde beschlossen und dann ist es egal, ob wir das bauen oder ein anderer, gebaut wird er ohnehin.
Wie finden Sie die Fachkräfte?
Jäger Gerade im Tunnelbau ist es mit dem gewerblichen Personal wie bei einem Wanderzirkus. Ist eine Großbaustelle fertig, tingeln sie zur nächsten. Aber auch sonst ist es kein Problem, wir finden gute Arbeitskräfte in der Region beziehungsweise im Tal. Wir werden oft beneidet um unsere guten Mitarbeiter. Deshalb ist es auch überhaupt kein Nachteil, den Firmensitz in Schruns zu haben. Wir sind mit dem Standort nach wie vor sehr zufrieden.
War es für Sie immer klar, dass Sie die dritte Generation von Jäger Bau werden?
Jäger Eigentlich nicht. Wenn man in einer Unternehmerfamilie aufwächst, sieht man natürlich auch, dass der Vater beruflich sehr eingespannt ist und unter Strom steht. Da überlegt man sich das schon gut. Mit der Zeit ist dann aber der Entschluss gereift. Natürlich hat man am Anfang Angst vor der Verantwortung.
Den Hoch- und Tiefbau haben Sie dann etabliert.
Jäger Als ich ins Unternehmen eingetreten bin, haben wir 90 Prozent im Tunnelbau umgesetzt. Die restlichen zehn Prozent liefen so nebenher. Ich habe mich dessen angenommen und bin heute froh, dass wir so breit aufgestellt sind und nicht mit Haut und Haaren an einem Bereich hängen. Die Herausforderungen haben sich natürlich insgesamt geändert. Allein der Ton unter den Partnern ist ein ganz anderer. Früher war es eher partnerschaftlich, heute regieren mehr die Kaufleute und Juristen und nicht mehr die Techniker. Das Wichtigste ist aber, auf Veränderungen einzugehen, zu reagieren und das Unternehmen in die geänderten Verhältnisse hineinzusteuern.
„Ich bin froh, dass wir nicht mit Haut und Haaren an einem Bereich hängen.“

Kennzahlen
Gegründet 1922
Gesellschafter Jäger Privatstiftung
Geschäftsführung Guntram Jäger, Nikolaus Gassner
Mitarbeiter 610, davon 532 in Vorarlberg, 16 Lehrlinge
Umsatz 2017 140 Millionen Euro
Investitionen 4,3 Millionen Euro
Export 16 Prozent
Zahlreiche Tochterfirmen u. Beteiligungen, u. a. STAG, Bad 2000
Privat
Geboren 7. Februar 1955
Ausbildung VS Schruns, Gymnasium Salem, Gymnasium Feldkirch, Bauingenieur-Studium an der TU München, Graduierung zum Diplomingenieur
Laufbahn Auslandsjahr Südafrika, 1987 Eintritt Jäger Bau GmbH, seit 1991 Geschäftsführung Jäger Bau GmbH, seit 1996 Geschäftsführer Jäger BeteiligungsGmbH, Geschäftsführer in weiteren Jäger-Beteiligungsfirmen, Aufsichtsrat Bergbahnen Brandnertal
Familie verheiratet mit Birgitt, zwei Töchter
Dass Guntram Jäger ein richtiger Schrunser ist, das zeigt sich an seiner Liebe zum Sport und zum Skifahren. Ein Hobby, das ihm auch beruflich nützt, weiß er doch, wie ein Chalet für Skiferien richtig ausgestattet sein soll. Anzutreffen ist der vielseitige Bauunternehmer auch auf dem Golfplatz, wie er erzählt. Oder er ist in der Freizeit mit seiner Ehefrau Birgitt auf Reisen. Das Kennenlernen neuer Länder und Städte ist ihm nie langweilig geworden. Und wenn dann noch Zeit bleibt, widmet er sich einem guten Buch.