Neue Landwirtschaft
Aktuell steht die Landwirtschaft wie viele andere Branchen auch an einem Wendepunkt: Etliche der Flächen, die wir für die Lebensmittelproduktion zur Verfügung haben, müssen zur intensiven Milchwirtschaft bei Einsatz von importiertem Kraftfutter herhalten und werden zur Entsorgung großer Mengen an Gülle genutzt. Gleichzeitig ist ein Liter Milch offenbar aber weniger wert als ein Liter Zuckerwasser mit Geschmack, und die steigende Nachfrage nach heimischem Gemüse kann gar nicht erst befriedigt werden. Für mich ist das ganz klar ein Fehler im System.
Die Lösung: Wir müssen den vielen fleißigen Landwirten und auch den Grundbesitzern, die ihre Flächen an die Landwirtschaft verpachten, den Ausstieg aus diesem ökologischen und ökonomischen Wahnsinn ermöglichen. Besser noch: Wir müssen ihnen einen Einstieg in eine sinnvolle lokale und biologische Produktion eigener Nahrungsmittel weisen: aus Vorarlberg für Vorarlberg.
Hier kommt mein Lieblingsthema „Technologie und Vernetzung“ ins Spiel. Denn, um Lebensmittel lokal wirklich wirtschaftlich zu produzieren, benötigen wir erstens eine Markendirektvermarktung, eine Vertriebsplattform unter einem einheitlichen Namen und Auftritt. Der Konsument wäre bereit, für gesunde, heimische Nahrung entsprechend zu bezahlen. Ein Bauer allein kann dies neben seiner vielen Arbeit nicht leisten. Alle Bauern Vorarlbergs gemeinsam und mit Hilfe der digitalen Möglichkeiten schon. Zweitens sollten wir Technologie einsetzen, um die Effizienz des Anbaus massiv zu verbessern. Das Know-how und die Hardware gibt es bereits, denken wir an automatisierte Geräte oder Sharingplattformen. Das würde vor allem kleineren Höfen helfen. Drittens: Auch der Raum ist vorhanden. Mit Urban Farming, Vertical Farming oder auch dem Anbau auf Microflächen können wir bislang ungenutzte Flächen aktivieren und jeder Vorarlberger und jede Vorarlbergerin erhält die Chance, selbst ein kleiner Landwirt zu werden. Auch hier unterstützt die digitale Vernetzung eine optimale Verwertung.
Der Umstieg wird gelingen, wenn wir unseren Bauern die Sicherheit geben, dass sie ihre meist geringen Einkommen und Förderungen für einige Zeit abgesichert haben, egal, ob sie Milch oder Gemüse erzeugen. Auch würde der eine oder andere Grundbesitzer einen Teil seiner Flächen für so einen wirtschaftlich sinnvolleren Zweck sicher gerne hergeben.
„Mit Urban Farming, Vertical Farming oder auch dem Anbau auf Microflächen können wir bislang ungenutzte Flächen aktivieren.“
Hubert Rhomberg
markt@vn.at
Hubert Rhomberg ist Baumeister und Geschäftsführer der Rhomberg Holding.
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