Giko-Geschäftsführer im Interview: Spezialisierung ist Trumpf

Markt / 09.03.2019 • 07:30 Uhr
Gerhard Lehner ist seit vier Jahren bei Giko Verpackungen. VN/Steurer
Gerhard Lehner ist seit vier Jahren bei Giko Verpackungen. VN/Steurer

Gerhard Lehner (45) im Gespräch.

Weiler Gerhard Lehner ist Geschäftsführer von Giko. Im Interview spricht er über die Anforderungen an flexible Verpackungen, Veränderungsprozesse und wie der Pioniergeist heute gelebt wird.

Vor fünf Jahren kam zu einer Aufteilung der Giko-Firmen auf zwei Unternehmen – Giko und Pratopac. Inwieweit hat sich das auf das Unternehmen ausgewirkt?

Werner Abbrederis war lange bei Giko und hat das Unternehmen stark mitgeprägt. Er hat auch die beiden Tochtergesellschaften Giko Kartonagen und Giko Rundverpackung aufgebaut. Daraus entstand Pratopac. Mit Giko Verpackungen führen wir den Bereich flexible Verpackung weiter. Die Verbindung zwischen den Unternehmen war markttechnisch überschaubar. Wir hatten immer unterschiedliche Märkte und Kundensegmente. Den größeren Unterschied gab es sicher für die Mitarbeiter. Aus einer großen Familie wurden zwei Familien.

Sie werben damit, außergewöhnliche, technisch komplexe Anforderungen zu meistern. Was verstehen Sie darunter?

Wir sind Spezialist am Markt. Wir fassen prinzipiell Projekte an, die die großen Player am Markt links liegen lassen. Neu gegründete Tiefdrucker gibt es relativ wenige, weil es sehr kapitalintensiv ist. Vielmehr gibt es viele Konsolidierungen, die in Konzernen aufgehen. Mittelständler gibt es immer weniger. Wenn jemand Flexibilität und Geschwindigkeit will, kommt er eher zu uns.

In Vorarlberg ist der Mitbewerb bei Verpackungsherstellern nicht klein. Verträgt das der Markt?

Ja, weil unser Markt nicht Vorarlberg ist, sondern mindestens Mitteleuropa. Er ist also so groß, dass es das locker verträgt.

Sie produzieren größtenteils für die Lebensmittelindustrie. Gibt es Bestrebungen, diese Abhängigkeit von einer Branche zu verringern?

Der Anteil liegt bei über 80 Prozent. Den Automotive-Bereich haben wir uns angeschaut, aber der ist eher für andere gedacht. Unser Wissen, wie man Folien so kombiniert, dass man gewisse Effekte erzielt, kann man auch außerhalb der Nahrungsmittelindustrie verwenden. Da gibt es ausgesuchte Bereiche, die wir uns anschauen. Aber der Kern bleibt die Nahrungsmittelindustrie. Solange die Bevölkerung wächst und solange die Lebensgewohnheiten bleiben – Stichwort Convenience und Singlehaushalte – wird die Anforderung an die Verpackung stetig da sein.

Verpackungen stehen dennoch immer in Diskussion.

Mit der öffentlichen Diskussion leben wir, aber sie muss differenzierter geführt werden. Es ist kein Platz für Polemik. Wenn es bei Beibehaltung der Gewohnheiten die Lebensmittelverpackung nicht gäbe, hätten wir riesige Nahrungsmittelberge, die weggeschmissen werden. Die Frage ist wieviel Verpackung und welche Art der Verpackung. Hier will der Gesetzgeber aktuell steuern eingreifen. Wir begrüßen das, denn das ist der einzige Weg, etwas zu ändern. Umgekehrt muss es bei den Recycling-Rückströmen technologisch die ein oder andere Entwicklung geben, damit der Kreislauf sinnvoll funktioniert.

Giko war immer Pionierbetrieb in Umweltschutz und Energieeffizienz. Wie wird das heute gelebt?

Aktuell investieren wir in eine Lösungsmittelrückgewinnung. Natürlich würde es rein kapitalistisch betrachtet Investitionen geben, die sich schneller tragen, aber wir stehen nach wie vor dazu. Neben dem Fußabdruck geht es auch darum, was wir produzieren. Obwohl wir manchmal noch an die Grenzen der Technologie stoßen, gibt es sehr viele Neuentwicklungen am Markt. Dafür investieren wir auch viel Geld. Wir haben heute Lösungen am Markt, die hoch recyclingfähig sind.

Wie hoch ist die Nachfrage von Kunden nach diesen Lösungen?

Die Nachfrage ist vorhanden und natürlich auch durch den Gesetzgeber getrieben sowie durch die Einzelhändler, also die Kunden unserer Kunden.

Ist das auch mittelfristig das Thema, was Sie künftig am meisten beschäftigen wird?

Ja, kurz- und mittelfristig ist das sicher der Umgang mit Ressourcen und die Recyclingfähigkeit. Da finden aktuell Umbrüche statt. Ich glaube und hoffe sogar, dass uns das noch ein paar Jahre beschäftigt. Ein Thema sind auch kompostierbare Verpackungen. Sie werden aus Nahrungsmitteln wie Mais herstellt. Da kann man schon darüber diskutieren, ob das die richtigen Inhaltsstoffe sind. Das muss jeder selbst beantworten.

Wie kommt man von der Finanzbranche zu einem Verpackungsbetrieb?

Ich war im Ausland im Bankwesen tätig und bin immer wenn es irgendwo schwierig war, zum Zug gekommen. Also beim Aufbau, Umbau oder Sanierungen von Banken. Über eine Strategieberatung bin ich vor vier Jahren zu Giko gekommen und geblieben. Ich finde es ist ein spannendes Feld. Der Inhalt ist zwar unterschiedlich, aber die Mechanismen sind gleich. Egal ob Bank oder Verpackungsunternehmen. Es sind immer Menschen im Spiel.

Wenn jemand von außen kommt, herrscht da nicht Verunsicherung?

Die Mitarbeiter merken ganz genau, ob es in einem Betrieb gut oder schlecht läuft. Auch ohne die Zahlen genau zu kennen. Am Anfang gibt es natürlich Verunsicherung und die Frage, was sich nun ändert. Aber das ist Teil eines Veränderungsprozesses. Hier gilt es, Vertrauen zu schaffen und die Mitarbeiter auf die Reise mitzunehmen. Wichtig ist deshalb Präsenz und Kommunikation. Wenn man ein Unternehmen langfristig wachsen lassen möchte, ist es notwendig, gute Leute zu haben, die das tragen.