VN-Interview: Wie sich Lenz auf die Socken gemacht hat

Geschäftsführer Stefan Lenz im Interview über den Erfolg in der Nische.
1987 bei der Gründung produzierte Lenz noch Tischwäsche. Dann schlitterte die Textilwirtschaft in eine tiefe Krise. Wie sind Sie mit dem Wandel umgegangen?
Mein Vater fing mit Vorhängen, Tischwäsche und Stickereiprodukten an. In kürzester Zeit verschwand dieser Bereich aber in dramatischer Art und Weise. Es wurde nach Asien verlagert. Zudem hat sich die Innendekoration massiv geändert. Durch einen totalen Zufall kam er dann zu den Strumpfwaren. Ein Kunde konnte nicht bezahlen, hatte aber Sportsocken in der Garage. So hat sich das entwickelt. Wir sind quasi wie die Jungfrau zum Kind dazu gekommen.
Auch der Sockenmarkt war nicht gerade als Profitbringer bekannt.
Damals war es unsere Notsituation, etwas anderes zu suchen und zudem legte der größte österreichische Hersteller einen gigantischen Konkurs hin. So entstand ein Vakuum am Markt und die Nachfrage war dementsprechend groß. Klassische Alltagssocken sind eine Massenware. Die Spezialisierung auf Funktion und Elektronik hat sich über die Jahre ergeben. Wir haben immer versucht, in neue Ideen zu investieren, um uns von der Konkurrenz abzuheben.
Wie kam es zur Idee mit den beheizbaren Socken?
Wir haben verstärkt nicht nur mit Socken gehandelt, sondern das Produkt mitgestaltet. 1999 haben wir mit Funktionstextilien angefangen und dafür einen Export-Vertriebspartner gesucht. Ein steirischer Partner war der Erfinder der Skischuhheizung. In dieser Kooperation haben wir angefangen, selbst Produkte zu entwickeln. Die Entwicklung der heizbaren Socke dauerte sechs Jahre. Als das Produkt am Markt war, ging die Firma in Konkurs. Wir haben eine Tochterfirma gegründet und so kam das elektronische Know-how zu uns.
Die beheizbaren Socken kamen 2011 auf den Markt. Schlug die Idee gleich ein?
Es ist eine absolute Nische und kein Mainstream-Produkt, schon allein aufgrund des Preises. Der Vorteil der beheizbaren Socke gegenüber der Einlegesohle ist, dass sie universell einsetzbar und alltagstauglich ist. Ich kann ein und dieselbe Socke zum Skifahren genauso verwenden wie auf der Jagd, im Job oder am Fußballplatz. Sie ist waschbar und auch durch die App-Steuerung hat sich unglaublich viel getan.
Wie groß ist denn der Markt dafür? Wo sind Sie aktiv?
Wir verkaufen heuer weit über sechsstellige Stückzahlen an beheizbaren Produkten und davon 80 Prozent im Export. Wir sind in sämtlichen Ländern in Europa aktiv. In Nordamerika erzielen wir rund 15 Prozent unseres Umsatzes. In China sind wir heuer das erste Jahr repräsentiert. Dort tut sich in Hinblick auf die Olympischen Winterspiele in Peking extrem viel. Genauso sind wir auch in Japan, Australien oder Neuseeland vertreten. Die letzten fünf Jahre hatten wir einen kontinuierlich dynamischen Geschäftsverlauf. Es war die wichtigste Entscheidung, in diese Richtung zu gehen. Wenn man im Fachhandel über temperatur-steuerbare Textilien spricht, sind wir in fast allen Märkten Marktführer.

Sie nennen sich mittlerweile „Lenz Products“. Bildet der Name das Sortiment treffender ab?
Wir sind ein klassischer Textilbetrieb. Rein von den Stückzahlen ist die Socke das größte Produkt. Aber über elektronische Produkte wie Handschuhe, Westen, Bandagen, Pantys für Personen mit Regelbeschwerden oder Blasenentzündungen oder angepasste Sohlen, haben wir insgesamt einen Technologiewandel vollziehen können. Darum ist der Name insgesamt zutreffender.
Die Temperatur und Funktion der beheizbaren Produkte kann heute via App und Smartphone gesteuert werden. Wie funktioniert das genau?
Der Technologie kann man sich nicht verschließen. Für den Endkonsumenten ist es eine Erleichterung, weil er sein Wohlbefinden selber regulieren kann. Er kann die Wärme, die zugeführt wird, zeitlich und für verschiedene Körperteile festlegen. Für uns bietet es die Möglichkeit, mit den Kunden über Updates zu kommunizieren und wir bekommen dadurch auch viele wertvolle Hinweise.
Lenz Socken werden vor allem mit Sport in Verbindung gebracht? Hat sich der Kundenkreis über die Jahre geändert?
Anfangs war es sicherlich der Sportler. Heute sind es genauso Jäger, Security-Mitarbeiter, Trainer oder auch Menschen mit chronischen Erkrankungen. Der Markt hat sich vom klassischen Sportprodukt in viele, viele Nischen aufgetan.
Lenz behauptet sich am Nischenmarkt mit innovativen Lösungen. Was macht die Konkurrenz?
Es gibt riesengroße Konkurrenz. Das ist auch einer der Gründe, warum wir so viel Zeit, Geld und Energie in die smarten Textilien oder die anpassbare Sohlentechnologie investiert haben. Damit können wir uns unterscheiden. Und auch der stationäre Handel sucht die Innovation, um sich gegenüber dem Onlinehandel zu stärken. Der Wintersport ist zwar an sich ein schrumpfender Markt, aber dadurch, dass der Sport immer teurer wird, wird dafür der Komfort wichtiger. Unsere Produkte helfen aktiv und lösen ein Problem.
Wo werden Ihre Textilien produziert?
Wir schauen, dass wir alles, was wir können, in Europa produzieren. Nur Batterien kann man in Europa nicht herstellen. Diese lassen wir in Asien assemblieren, aber in Europa zertifizieren.