Vorarlberg ist Kurzarbeitsland

Fast ein Drittel aller Vorarlberger Arbeitnehmer in Coronakurzarbeit.
Wien, Schwarzach Vorarlberger Firmen haben im Vergleich mit den anderen Bundesländern die Coronakurzarbeit weit öfter in Anspruch genommen. Das zeigt die Auswertung der Ökonomen Monika Köppl-Turyna, Dénes Kucsera, Lukas Sustala der Denkfabrik Agenda Austria. Die Auswertung auf Basis von Mikrodaten zur Kurzarbeit zeigt, wie weitreichend das Instrument bereits eingesetzt wird. Haben in der Rezession im Jahr 2009 noch 508 Betriebe Kurzarbeit in ganz Österreich beantragt, sind es aktuell bereits fast 43.000 Unternehmen. Vorarlberg sind es bislang 3500 Firmen, die ihre Mitarbeiter in den Kurzarbeitsmodus versetzt haben (die VN berichteten), das AMS Vorarlberg rechnet mit 500 weiteren Anträgen.
Fünf Milliarden Euro Budget
Das gesamte Fördervolumen für maximal drei Monate liegt österreichweit bei rund 4,86 Milliarden Euro, aktuell ist das Budget für die Kurzarbeit mit fünf Milliarden Euro dotiert. In Vorarlberg wurden bislang Anträge mit einem Budget von 260 Millionen Euro genehmigt, werden die weiteren Anträge ebenfalls genehmigt, liegt Vorarlberg bei gut 400 Millionen Euro, die die Kurzarbeit für drei Monate kosten wird. Aus den Zahlen geht klar hervor, dass die Kurzarbeit die Österreicher viel Geld kosten wird. Etwas mehr als das Budget für Universitäten und Fachhochschulen, für die der Staat im vergangenen Jahr 4,2 Milliarden Euro ausgegeben hat.
Vorarlberg liegt bei den Arbeitnehmern in Kurzarbeit prozentuell weit vor dem nächsten Bundesland. Wenn auch die noch offenen Anträge positiv genehmigt werden, dann befänden sich österreichweit knapp 17,8 Prozent der Arbeitnehmer in Kurzarbeit. In Vorarlberg sind es dann 31,2 Prozent der Arbeitnehmer, in Niederösterreich 22,8 Prozent, in Wien und der Steiermark 19,8 Prozent. Am wenigsten Kurzarbeit wurde in Oberösterreich eingeführt, dort liegt der Anteil laut AMS-Mikrodaten bei knapp unter zehn Prozent.
235 Millionen pro Monat
Auch die Arbeitslosigkeit ist in den ersten Wochen des Lockdowns dramatisch gestiegen. Besonders in den Branchen Bau, Gastronomie und Hotellerie mussten viele Mitarbeiter entlassen werden. Die in der Krise um 200.000 Menschen angestiegene Arbeitslosigkeit – in Vorarlberg sind es rund 7000, die im März dazugekommen sind – wird das Budget mit direkten Kosten in Höhe von rund 235 Millionen Euro pro Monat belasten, zeigen Berechnungen der Agenda Austria. Dazu kommen noch indirekte Kosten, etwa sinkende Steuereinnahmen und Abgaben. Bleibt die Arbeitslosigkeit für ein halbes Jahr auf dem aktuell hohen Niveau und die Kurzarbeitsanträge werden wie beantragt für drei Monate genützt, dann belaufen sich die budgetären Mehrkosten 2020 auf rund 6,3 Milliarden Euro.
Keine neuen Steuern
Die Kurzarbeit wird auch branchenspezifisch sehr unterschiedlich von Unternehmen nachgefragt. In der österreichischen Industrie ist jeder vierte Beschäftigte in Kurzarbeit, am Bau sind es fast 30 Prozent, in der Gastronomie und Beherbergung fast 44 Prozent.
Damit die Kosten nicht noch weiter in die Höhe steigen, rät Ökonomin Monika Köppl-Turyna, müsse es Ziel sein, dass die kurzarbeitenden Mitarbeiter möglichst bald wieder in Beschäftigung kommen. Debatten über neue Steuern seien in dieser Situation kontraproduktiv. Um den Arbeitsmarkt wieder ins Laufen zu bringen, heiße das wichtigste Konjunkturprogramm daher Zuversicht und der Staat könne hier unterstützen, mit Strukturreformen oder steuerlichen Anreizen. „Um unerwünschte Mitnahmeeffekte bei der Kurzarbeit klein zu halten, sollte bei einer möglichen Verlängerung der zunächst auf drei Monate befristeten Maßnahme ein Anreiz gesetzt werden. Helfen könnte dabei eine Maßnahme, die Firmen begünstigt, die weniger Kurzarbeit in Anspruch nehmen. VN-sca
„Das wichtigste Konjunkturprogramm für den Arbeitsmarkt heißt Zuversicht.“