Köstinger-Plan für Sommersaison ein Strohhalm für Vorarlbergs Tourismus

Ministerin bringt bilaterales Urlaubsabkommen mit Deutschland ins Spiel.
Schwarzach, wien Die Urlauber aus dem Nachbarland Deutschland sind für Vorarlberg “so wichtig wie ein Bissen Brot”, formuliert der Direktor von Vorarlberg Tourismus, Christian Schützinger, die Ankündigung von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger in einem Interview mit der Zeitung “Die Presse”, man überlege sich, wie man im Sommer wieder Deutsche ins Land lassen könnte. “Die Einschränkung der Reisefreiheit wird uns in den nächsten Monaten noch erhalten bleiben. Wenn Länder aber auch auf einem sehr guten und positiven Weg sind, wie beispielsweise Deutschland, dann gibt es durchaus auch die Möglichkeit, dass man sich bilateral einigt”, sagte sie und schränkte gleich wieder ein. Es lasse sich derzeit nur schwer abschätzen, wie sich die nächsten Monate entwickeln. “Es gibt keinen Stichtag, es könnte ja zu weiteren Wellen der Infektion kommen.” Dann sei nicht auszuschließen, dass wieder weitreichende Maßnahmen getroffen werden müssen.
Über die Hälfte der Gäste
Es ist nicht mehr als ein Strohhalm, den die Tourismusbranche zu greifen versucht, denn schlussendlich kommt es bei bilateralen Gesprächen darauf an, ob auch das Land, in diesem Fall Deutschland, willens ist, auf den Vorschlag einzugehen. Vorarlberg ist von den deutschen Gästen in weit höherem Maße abhängig als andere Bundesländer Österreichs. 54 Prozent aller Urlauber in Vorarlberg kommen aus dem Nachbarland, erst mit weitem Abstand folgen die Schweizer Gäste mit zwölf Prozent Anteil. Dazwischen liegt der Anteil der Österreicher, immerhin 18,3 Prozent.
Doch der Aufruf der Bundesregierung an die Österreicher, heuer im Land Urlaub zu machen, könne auf keinen Fall das große Loch ausfüllen, das entstehe, wenn deutsche und Schweizer Touristen in der heurigen Sommersaison nicht ins Land kommen könnten, stellt er klar. Nicht vergessen werden dürfen auch die Tagestouristen, so der Tourismusdirektor, „ohne die zahlt es sich für die Gastronomie nicht aus, zu öffnen“. Er sei froh, dass Köstinger die Initiative ergriffen habe, er hoffe auch, dass Landeshauptmann Markus Wallner, der derzeit die Funktion des Vorsitzenden der Bodenseekonferenz innehabe, auf die Partnerländer einwirke, die Grenzen für Urlaub hüben und drüben der Grenze zu öffnen. Wie schwierig das ist, das zeigt der Eiertanz, der seit Tagen herrscht (siehe Bericht unten).
Natürlich ist der Happen, den Köstinger der Branche hingeworfen hat, zuwenig, um an einen Sommer, wie er sonst immer war, auch nur zu denken. Zuviel ist ungeklärt. “Wenn wir öffnen, gibt es immer noch viele Fragen”, eine davon ist, die “ob die Gäste überhaupt bei uns Urlaub machen wollen mit den voraussichtlichen Einschränkungen”, stellt Hermann Haller, Hotelier im Kleinwalsertal fst. Das Kleinwalsertal ist sogar zu 90 Prozent von deutschen Gästen abhängig.
Genuss mit Einschränkungen
Schwarzach, wien Zum Urlaub gehört auch der Besuch im Gasthaus, ein Essen im Restaurant. Doch wie das geregelt wird, ist auch den Regierungsverantwortlichen nicht klar. Sicher ist: In der Gastronomie wird Abstandhalten ausschlaggebend. Zumindest eine Arbeitsgruppe zur Öffnung debattiert derzeit laut VN-Informationen genau darüber. So soll die Personenzahl pro Tisch limitiert werden. Das heißt auf jeden Fall, größere Gruppen werden länger nicht miteinander ausgehen können. Vorstellbar ist, dass die Ausgangsbeschränkungen etwa für ein Abendessen mit einem Freund außerhalb des eigenen Haushalts gelockert werden. Für Gastronomiebetriebe dürften Gastgärten also noch wichtiger werden, weshalb auch Vergrößerungen nicht ausgeschlossen sind.
Statements aus der Vorarlberger Hotellerie
Diese Initiative von Ministerin Elisabeth Köstinger kann ich nur unterstützen. Wir brauchen die Gäste aus Deutschland, aber vor allem auch aus der Schweiz. Bei uns machen die Schweizer Gäste übers Jahr 60 Prozent der Buchungen aus, die Deutschen 30 Prozent. Wenn die Grenzen zu beiden Ländern für den Tourismus geschlossen bleiben, werden wir unseren Betrieb wohl nicht aufsperren. Aber selbst wenn die Grenzen geöffnet werden: Wir müssen sehen, was für Auflagen es im Tourismus gibt: Was dürfen die Gäste machen, was nicht? Susanne Kaufmann, (49), Bezau, Hotel Post
Wenn man in der Regierung der Meinung ist, dass man reisen kann, dann soll man die Grenzen öffnen. Andere Länder überlegen sich das auch. Ich bin froh, wenn wir aufsperren können, aber es kommt natürlich auch auf die Vorgaben an. Wir sind auf jeden Fall sehr froh, wenn unsere deutschen Gäste kommen können. In den Restaurants würden wir die Gäste in mehreren Staffeln begrüßen, das macht man jetzt ja auch schon in vielen Restaurants. Auch die Vorschriften in Sachen Hygiene könnten wir bei uns im Hotel einhalten. Joschi Walch, (58) Walch’s Rote Wand Gourmethotel
Ich kann diesen Vorstoß von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger nur begrüßen. Wir verzeichnen derzeit ja nicht nur 60 oder 70 Prozent Umsatzverlust, sondern 100 Prozent. Und das bei laufenden Kosten. So gesehen ist alles, was unsere Situation verbessert, unterstützenswert. Unser Problem im äußersten Westen mit österreichischen Gästen ist halt: Sie bekommen in Salzburg oder Tirol das auch, was sie bei uns bekommen würden. Deshalb hört für viele Österreicher der Tourismus oft schon am Arlberg auf. Christoph Tschohl, (56), Tschagguns, Montafoner Hof
Wir brauchen die deutschen Gäste, ohne sie ist der Tourismus im Kleinwalsertal und auch bei uns im Betrieb unvorstellbar. Aber auch wenn die Ministerin jetzt die Initative ergriffen hat, gibt es eine ganze Reihe von Fragen zu klären: Wie sieht es mit der Nutzung des Wellnessbereiches, aus, wie im Restaurant, will der Gast im Hotel urlauben oder lieber in einer Ferienwohnung? Es kommt jetzt auf den Maßnahmenkatalog an. Sicher ist, dass es nicht wie gewohnt weitergeht. Ich schau jetzt auf den Sommer, weiter muss ich noch gar nicht sehen. Hermann Haller, (52) Haller’s Genießerhotel, Mittelberg