Coronahilfe: Schweiz hält Firmen binnen weniger Stunden liquide

Markt / 19.05.2020 • 19:35 Uhr
Coronahilfe: Schweiz hält Firmen binnen weniger Stunden liquide
Die Schweizer Nationalbank hat ihren prall gefüllten Tresor geöffnet, um den Unternehmen schnelle Hilfe zu garantieren. KEYSTONE

Coronahilfen: Schweiz zahlt binnen Stunden, in Österreich und der EU verzögern Regularien Soforthilfe.

Schwarzach, Bern, Wien Bundeskanzler Sebastian Kurz kann vieles, aber nicht alles. Die Bürokratie konnte er bislang auch in Coronazeiten nicht ausbremsen. Bei den Betrieben wächst indes der Unmut über die schleppende Auszahlung von Soforthilfen und der Vergabe von Überbrückungskrediten. Denn obwohl viele Ansuchen bereits zugesagt wurden, tröpfeln die Auszahlungen und das obwohl die Liquidität bei immer mehr Unternehmen versiegt. „Grundsätzlich sind unsere Systeme nicht für diesen Andrang ausgelegt“, erklärt er Regierungschef im Gespräch mit den VN bei der Top 100-Präsentation am Montag und versichert, „wir arbeiten rund um die Uhr daran, die Anträge zu prüfen und die Zahlungen freizugeben.“ Wenn der Staat zu solchen Maßnahmen wie jetzt in Sachen Corona greife, dann gebe es rechtliche und fachliche Grenzen, erklärte der Regierungschef, warum die Soforthilfe bislang nur sehr langsam in Richtung Unternehmen fließt. Er sei aber für jeden Vorschlag, wie man den Geldfluß verbessern könne dankbar, sagte Kurz.

Best Practice-Beispiel

Vielleicht wäre ein Best Practice-Modell ideal, damit die Unternehmen das Wort „sofort“ auch in Österreich die Bedeutung hat, die man allgemein darunter versteht. Die derzeit amtierende Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga könnte ihm sicher wichtige Tipps geben. In der Schweiz hat die Kreditversorgung der kleinen Unternehmen sehr rasch und direkt funktioniert. Die 100-prozentige Bundesgarantie für null Prozent verzinste Überbrückungskredite bis zu einer Summe von 500.000 Franken gab es bereits  am 25. März, aufgestockt wurde die von Schweizer Nationalbank und Schweizer Regierung beschlossene Hilfe bereits Anfang April auf 40 Milliarden Franken.

„Ich habe den Eindruck, dass die Regierung bei den Hilfen an der Bürokratie scheitert.“

Franz Schellhorn, Leiter Agenda Austria

Daten per Mitte April zeigten bereits, dass dieses Instrument stark nachgefragt war. Atemberaubend dürfte für österreichische Beamte die zeitliche Dimension sein: Anträge wurden spätestens in Stunden bewilligt und die Zahlungen veranlasst. Das Geld war am Nachmittag am Konto, wenn man am vormittag den Kreditantrag ausgefüllt hat. „Ich habe das einseitige Formular heruntergeladen, es innerhalb von 15 Minuten ausgefüllt und an meine Bank weitergeleitet. Die Genehmigung kam innerhalb von drei Stunden“, berichtet begeistert der Zürcher Modehändler Mats Klingberg in einem Gespräch mit Reuters.

Kompliziert und bürokratisch

Bis Mitte April wurden kleine zinsfreie Kredite im Umfang von 16,4 Milliarden Franken garantiert. Zum Vergleich: Die Republik Österreich hat zu diesem Zeitpunkt gerade erst die Möglichkeit für 100 Prozent-Garantien bis 500.000 Euro geschaffen. Das sei den Regeln der Europäischen Union geschuldet, heißt es aus der Regierung, allerdings sind auch die Wege im Land kompliziert und bürokratisch. Über 500.000 Franken werden die Kredite in der Schweiz zu 85 Prozent abgesichert. Die Nachfrage dort war im Vergleich gering.

Unterm Strich bleibt aber, dass die Schweiz mit ihrer unbürokratischen Hilfe und die Garantien für Überbrückungshilfen durch das Bankensystem die Liquiditätsengpässe schnell mit Krediten beheben konnte. „Es wäre schön, wenn auch Österreich mehr Vorbild für schnelle unbürokratische Hilfe sein könnte“ heißt es bei seitens der Denkfabrik Agenda Austria, deren Leiter Franz Schellhorn im Gespräch mit den VN sagt: „Ich habe den Eindruck, dass die Regierung bei den Hilfen immer wieder an der Bürokratie in Österreich scheitert. Das müsste schneller gehen. Die Schweiz ist ein gutes Beispiel, wie das geht.“

Sechs Zeilen für Antrag

Bei der Kurzarbeit ist die Sache ähnlich gelagert wie in Sachen Liquiditätshilfe. Es geht in der Schweiz schneller und unbürokratischer. Die Schweiz hat den Bedarf für Administration zur Kurzarbeit deutlich reduziert, das Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft spricht von sechs Zeilen, die für den Antrag ausreichen. Die Kurzarbeitsentschädigung wird zudem sofort ausgezahlt und muss nicht vom Arbeitgeber vorgestreckt werden. In Österreich hat das AMS trotz der enormen gesamten Fördersumme für die 1,3 Millionen Mitarbeiter in Kurzarbeit bis Montag erst rund 240 Millionen Euro ausgezahlt.

Die Banken helfen zwar mit Überbrückungshilfe, doch bis ausgerechnet ist, um wieviel Geld es tatsächlich geht, rennt die Zeit. „Es gibt viele Beteiligte, die dafür notwendig sind“, sagt auch Raiffeisen Vorarlberg-Chef Wilfried Hopfner, der zurückweist, dass die Banken zu zögerlich sind. In Österreich gebe se acht Programme und drei Fördereinrichtungen, die beurteilen, wer wieviel Hilfe bekomme. Auch gebe es Regeln, die eingehalten werden müssen, verweist er auf EZB, Österreichische Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht, die ebenfalls ein Wörtchen mitzureden haben bei Hilfen für die österreichischen Unternehmen. Den Firmen raten er und seine Kollegen der anderen Regionalbanken trotzdem auf jeden Fall den Kontakt zu suchen, denn wie die in den VN am Montag veröffentlichte Unternehmerumfrage der Wirtschaftskammer zeigt, haben sich bislang erst 28,42 Prozent der Vorarlberger Unternehmen mit ihrer Hausbank in Sachen Coronahilfen beraten.