„Aktuell blicken viele Länder zu uns“

Finanzminister Blümel zu Coronahilfen und zum Modell Schweiz.
Wien, Schwarzach Die zögerlich fließenden Auszahlungen der verschiedenen Coronahilfen, eine überbordende Bürokratie und ständig veränderte Bedingungen sorgen seit Wochen für Ärger bei den Vorarlberger Unternehmern. Vor allem auch deshalb, weil sie nur einen Blick über die Grenze tun müssen, um zu sehen, wie das auch unbürokratisch und rasch funktioniert. Die VN fragten Finanzminister Gernot Blümel, warum das so ist, und ob Österreich sich das Schweizer Modell zum Vorbild nimmt, um die Coronahilfe, aber vor allem die Abwicklung effizienter zu gestalten.
Herr Finanzminister, viele Vorarlberger Unternehmer schauen in die Schweiz und wünschten sich schnelle und einfache Hilfe wie im Nachbarland. Kann Österreich vom Schweizer Modell lernen?
Blümel Wir schauen uns immer die Erfahrungswerte anderer Länder an und verbessern unsere Maßnahmen, wenn es notwendig ist. Aktuell blicken viele Länder zu uns. In Deutschland fordern Familienunternehmen, sich an Österreich zu orientieren, da wir beim Fixkostenzuschuss bis zu 90 Millionen Euro pro Unternehmen zur Verfügung stellen und nach Umsatzeinbruch gestaffelt helfen. In Deutschland sind nur 50.000 Euro pro Unternehmen vorgesehen. Wir sind neben Dänemark das einzige Land, das so einen Fixkostenzuschuss vergibt. Wir sind außerdem nur einer von vier EU-Staaten, der 100 Prozent-Garantien vergibt. Und auch hier macht der Vergleich sicher: Wir haben bereits 7000 Anträge genehmigt, im zehnmal größeren Deutschland sind aktuell rund 8000 Anträge eingelangt. Diese Garantie gab es zunächst nur in der Schweiz und wir haben uns bei der EU-Kommission wochenlang dafür eingesetzt, dass wir das auch in der EU machen dürfen und dann rasch umgesetzt.
In Vorarlberg sind auch Unternehmer, Politiker und Fachleute überzeugt, dass föderale Strukturen in Ausnahmesituationen wie derzeit, bessere und schnellere Hilfe gewährleisten würden….
Blümel Für uns ist klar, dass es für ein Comeback Österreichs starke Investitionen in den Regionen geben muss. Es braucht die regionale Wertschöpfung und die Arbeitsplätze vor Ort. Wir haben daher ein Gemeindepaket in Höhe von 1 Mrd. Euro geschnürt, damit diese wichtigen Investitionen nicht gefährdet werden. Auch mit dem Investitionsprogramm öffentlicher Verkehr in Höhe von zusätzlich 300 Mill. Euro bauen wir die regionale Infrastruktur aus, um die Wirtschaft in den Regionen anzukurbeln. Wir setzen mit den Finanzämtern für Steuerstundungen, den Landesstellen des AMS für die Kurzarbeit und den Landes-Wirtschaftskammern beim Härtefallfonds auch auf eine Abwicklung in den einzelnen Bundesländern.
Sie versprechen schnelle Hilfe beim Fixkostenzuschuss: Wie lange dauert es bis zur Überweisung der ersten 50 Prozent-Zahlung?
Blümel Die erste Auszahlung erfolgt innerhalb von zehn Tagen. Die Bearbeitung läuft über ein automatisiertes System, das mit der Zeit immer schneller wird. Also wird es immer kürzer dauern. Seit dem Start vor einer Woche haben wir bereits mehrere Hundert Anträge bekommen, die abgearbeitet werden und die ersten Gelder fließen bereits an die Unternehmen.
Können Sie Auskunft darüber geben, wie viel Hilfe bereits nach Vorarlberg geflossen ist und wie viel Hilfe zugesagt wurde?
Blümel Österreichweit haben wir mehr als 23 Milliarden an Förderungen und Liquidität zugesagt. Darunter fallen etwa die Kurzarbeit, der Härtefallfonds sowie Garantien und Steuerstundungen. Allein für Vorarlberger Unternehmen wurden bisher mehr als 4400 Anträge auf Steuerstundungen genehmigt, das bringt rund 77 Millionen Euro zusätzliche Liquidität die unmittelbar in den Betrieben verbleibt. Bei den 100 Prozent-Garantien sind aktuell 38 Millionen Euro für Unternehmen aus Vorarlberg genehmigt worden. Zudem wird auch das Gemeindepaket direkt in die Regionen fließen und Wertschöpfung vor Ort auslösen.
Die Coronakrise zwang Sie und die Regierung zu schnellen Reaktionen, die auch nachgebessert wurden. Sind die Erfahrungen, die jetzt gemacht wurden, Gegenstand einer Evaluierung?
Blümel Grundsätzlich sind wir besser durch die Krise gekommen als andere Länder, das bestätigen uns internationale Analysen. Es gibt keine Blaupause für Corona. Wir evaluieren täglich unsere Maßnahmen und das Feedback der Unternehmen hilft uns noch treffsicherer zu werden. Daher haben wir auch den Härtefallfonds nachgebessert und eine Mindestauszahlungssumme von 500 Euro verankert. Zudem wird es einen Comeback-Bonus von zusätzlich 500 Euro pro Monat geben, um den Unternehmern den Neustart zu erleichtern. Jetzt gilt unsere volle Aufmerksamkeit der Bewältigung der Krise und dem Comeback für Österreich. VN-sca