Mehr Bereitschaft und Motivation

Markt / 31.03.2021 • 22:23 Uhr

Umfrage unter Industriebetrieben zeigt, welche Fachkräfte dringend gebraucht werden.

Lustenau Die Zahl der Arbeitslosen im Land ist immer noch viel zu hoch, laut verschiedenen Umfragen sind aber mehr als 20 Prozent der derzeit arbeitslos gemeldeten Personen bereit, ihren Job zu wechseln. Gleichwohl besteht nach wie vor ein Fachkräftemangel, Das zeigte eine österreichweit durchgeführte Umfrage der Industriellenvereinigung unter den großen Industrieunternehmen. In Vorarlberg nahmen 27 Unternehmen mit rund 15.000 Mitarbeitern teil. Auch wenn viele Ergebnisse erwartbar waren, spiegeln sie das Feedback aus vielen Gesprächen.

Dabei machten viele der Befragten auf einen Umstand aufmerksam, der nicht zu unterschätzen ist: Es gebe ein zunehmendes Auseinanderklaffen von Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt und daher eine spürbare Notwendigkeit für mehr Weiter- und Umqualifizierungen. Entscheidend dabei sei aber vor allem die Bereitschaft und Motivation der Arbeitskräfte Weiter- und Umqualifizierungsmaßnahmen auch tatsächlich anzunehmen. Hier bestehen Defizite, so IV-Präsident Martin Ohneberg, „die Gründe sind vielfältig“.

Entspannung nur kurz

„Der Fachkräftemangel war vor Corona ein Thema und wird es auch nach Corona sein. Verstärkt hat sich nochmals der Bedarf nach Fachkräften im Bereich Technik und Produktion, Informationstechnologie sowie Forschung und Entwicklung“, fasst  Ohneberg die Ergebnisse zusammen. Während 44 Prozent die Verfügbarkeit von Fachkräften im Februar gleich wie vor einem Jahr (also vor Corona) beurteilen, sagen 37 Prozent der Betriebe, dass sich die Situation verbessert habe. Trotzdem geben 19 Prozent – also fast jedes fünfte Unternehmen an – dass sich die Situation verschlechtert hat, Tendenz steigend. Verschärft haben sich nochmals die Anforderungsprofile: Am gefragtesten sind in der Vorarlberger Industrie Fachkräfte im Bereich Technik und Produktion (82 Prozent), Informationstechnologie (44 Prozent), Forschung und Entwicklung (37 Prozent) sowie Verkauf und Marketing (37 Prozent).

Aufholbedarf bei Motivation

Doch was braucht es speziell, um die Weiter- und Umqualifizierung von bestehenden Arbeitskräften in den Unternehmen voranzutreiben? Hier gibt es ein überraschendes Ergebnis. Als mit Abstand wichtigste Maßnahme sehen die Betriebe, dass von den Arbeitskräften mehr Bereitschaft und Motivation für Weiter- und Umqualifizierungsmaßnahmen (78 Prozent) an den Tag gelegt werde. An zweiter Stelle stehen zusätzliche physische Aus- und Weiterbildungsangebote (44 Prozent) und auf Rang drei steht aus Sicht der Betriebe der Wunsch nach zusätzlichen öffentlichen finanziellen Mitteln (37 Prozent).

Vollkasko-Mentalität

Ohneberg: „Wir unterschätzen oft, dass Corona neben all den negativen Auswirkungen auf alle Lebensbereiche, auch auf die Motivation am Arbeitsmarkt sehr negative Auswirkungen haben kann. Diesen müssen wir nun wieder stärker begegnen, um im Aufschwung nach der Krise vorbereitet zu sein. Es geht dabei nicht um jene, die voller Tatendrang wieder durchstarten möchten oder jene, die während Corona besonders gefragt und engagiert waren.“ Es gehe vielmehr um jene, die den Freizeitaspekt beim Homeoffice zu sehr ins Zentrum stellen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt zu wenig Anreize vorfinden, um aus der Arbeitslosigkeit zu kommen und auch jene, die die Vollkasko-Mentalität schätzen gelernt haben (siehe dazu auf Seite D2, ÖGB-Chef Reinhard Stemmer).

Daher werde in den nächsten Monaten mit dem hoffentlich beginnenden Aufschwung entscheidend sein, die Systeme so umzubauen, dass wieder mehr Anreize für eine Übernahme einer neuen Erwerbstätigkeit und für Umqualifizierungen bestehen. Am Ende des Tages sei es gesamtgesellschaftlich auch eine Frage der Fairness, dass es sich lohnt zu arbeiten. VN-sca

„Am Ende des Tages ist es gesamtgesellschaftlich auch eine Frage der Fairness, dass es sich lohnt zu arbeiten.“