Unruhe um Inserate in Wirtschaftskammerblatt
Opposition ortet Aufklärungsbedarf bei Anzeigegeschäften.
Götzis, Feldkirch Die Mediateam Kommunikationsagentur in Götzis sorgt für politische Aufregung: Das Unternehmen vermittelt das Anzeigengeschäft unter anderem der Vorarlberger Wirtschaftskammer-Zeitung. Knapp die Hälfte des Betriebs gehört Jürgen Kessler, seines Zeichens Direktor des Wirtschaftsbundes, der wiederum die dominierende ÖVP-Fraktion in der Wirtschaftskammer ist. Kessler verdient über seine Agentur zum Beispiel an Inseraten, die etwa in Zeitschriften der Wirtschaftskammer erscheinen. Rund zehn Prozent der Anteile gehören Geschäftsführer Markus Steurer, 40 Prozent hält die Russmedia Verlags GmbH. Sie beteiligte sich 2013 an Mediateam. Die VN – die Teil der Russmedia Gruppe sind – berichteten damals darüber. Geschäftsführer Markus Raith erklärte auf Nachfrage, dass die „Anzeigenvermarktung von verschiedensten Medien zu einem der Geschäftsbereiche von Russmedia“ gehöre. Zudem habe Mediateam den „Vermarktungsauftrag für die Medien der Wirtschaftskammer über eine EU-weite öffentliche Ausschreibung gewonnen“.
Die Vorarlberger Oppositionsparteien orten Klärungsbedarf, die Landesregierung erreichten am Montag drei separate Anfragen. Die SPÖ will wissen, ob beträchtliche Summen, die der ÖVP-Wirtschaftsbund und Jürgen Kessler lukrieren sollen, bei der Landes-ÖVP landen. Außerdem fragt sich Abgeordnete Manuela Auer, weshalb die Mediateam-Anteile des früheren Wirtschaftsbunddirektors Walter Natter direkt an seinen Nachfolger im Wirtschaftsbund, Kessler, übergingen – und warum Russmedia in dieses Agenturgeschäft eingetreten ist.
Die Neos fokussieren ihre Anfrage darauf, ob die ÖVP und insbesondere der Wirtschaftsbund von Inseraten landeseigener Unternehmen profitierten. Schließlich fänden sich in der Wirtschaftsbund-Zeitung „Vorarlberger Wirtschaft“ großzügige Werbeschaltungen, unter anderem von Hypo Vorarlberg, VKW und Verkehrsverbund. „Können Sie ausschließen, dass es von Seiten des Landes Einschaltungen in Publikationen von ÖVP-Vorfeldorganisationen gab?“, fragt etwa Neos-Klubobfrau Sabine Scheffknecht. FPÖ-Obmann Christof Bitschi hegt den Verdacht der verdeckten Parteienfinanzierung: „Es braucht bei allen politischen Verantwortungsträgern die notwendige Sauberkeit und Transparenz.“ VN-ebi
Stichwort
Die Mediateam Kommunikationsberatungs GmbH hat aktuell drei Gesellschafter. Mit 49,9 Prozent hält die 3L Consult GmbH den größten Anteil, diese wiederum befindet sich zu 100 Prozent im Eigentum von Jürgen Kessler. Die Russmedia Verlag GmbH hält 40,1 Prozent an Mediateam. Mediateam-Geschäftsführer Markus Steurer ist mit zehn Prozent beteiligt. Russmedia stieg im Jahr 2013 in das Unternehmen ein. Die damaligen Gesellschafter Lydia Mathis und Walter Natter sind inzwischen ausgeschieden.