Firmengründer statt Pensionist

Martin Luger (67) verkauft seine Merino-Funktionswäsche mittlerweile in ganz Europa.
Dornbirn Es ist nicht die erste Funktionsunterwäsche aus Merinowolle am Markt, aber eine mit einem „Geheimnis“, wie Martin Luger es nennt. „Es ist die Kombination zweier Schichten. Die Innenschicht besteht aus Polypropylen, der leichtesten Textilfaser der Welt. Sie leitet Schweiß extrem gut ab, nimmt aber selbst keine Feuchtigkeit auf. Somit bleibt die Haut trocken“, erklärt er im VN-Gespräch. Die Außenschicht ist aus Merinowolle. „Sie nimmt die Feuchtigkeit auf und lässt sie verdunsten.“ Nach dem Tragen könne man die Wäsche einfach an die Luft hängen. „Man riecht nichts.“
Testpersonen begeistert
Dass der Dornbirner in der Pension zum Unternehmer wurde, ist einer Begegnung geschuldet. Sein Arbeitsleben lang in der Textilindustrie im Vertrieb tätig, lernte er 2016 auf einer Messe einen Stricktechniker kennen. „Er hatte ein Merinoshirt dabei und meinte, jemand sollte es auf den Markt bringen.“ Luger ging damit zunächst in die Testphase. „Ich habe es selbst getragen und bekannte Sportler und Hobbysportler damit ausgestattet. Deren Feedback war sensationell.“ So stand für ihn fest, noch mal als Selbstständiger durchzustarten.
Ein Selbstläufer war das Geschäft anfangs aber nicht. „Übers Internet habe ich zunächst kein einziges Stück verkauft. Ich bin dann landauf landab von Sportgeschäft zu Sportgeschäft gefahren und habe die Shirts zum Testen dort gelassen“, erzählt Luger. Das „Klinkenputzen“ hatte Erfolg. Heute ist seine Funktionsunterwäsche unter dem Namen Merino & More in rund 100 Sportfachgeschäften in Vorarlberg, dem Allgäu, Tirol, Südtirol, Oberösterreich und Sachsen erhältlich.
Auch dem Internet gab der Dornbirner eine zweite Chance. Mithilfe eines Experten begann er, die Verkaufsplattform Amazon zu nutzen. Damit ist Luger höchst zufrieden. Der Ablauf funktioniere perfekt. Zudem könne er dadurch ganz Europa abdecken. Auf dem Handy sieht er in Echtzeit, wie viele Stück gerade verkauft werden. „Am meisten bestellt wird zwischen 17.30 und 24 Uhr“, ist er froh, auf zwei Standbeine zu setzen.
Heuer hat er bislang 15.000 Stück verkauft. „60 Prozent online, 40 Prozent im stationären Handel. Das ist Corona geschuldet, ansonsten war der stationäre Handel mengenmäßig stärker“, sagt der 67-Jährige, der auf eine europäische Herstellung setzt. Das Merino-Garn stammt von Schoeller in Hard. Gestrickt, gefärbt und konfektioniert wird in Polen. Zudem sei die Merinowolle im Sinne des Tierwohls „mulesingfrei“.
In Dornbirn ist Luger in einem Logistikzentrum eingemietet. „Ich bin ein Ein-Mann-Betrieb, aber arbeite mit einem Netzwerk an Dienstleistern zusammen.“ Seinen Arbeitsaufwand vergleicht er mit einer Teilzeitkraft. „Es ist ein reines Winterprodukt. Das heißt, 80 Prozent werden zwischen Oktober und März verkauft. Allein im Dezember und Jänner 50 Prozent.“ Somit könne er es die restlichen Monate ruhiger angehen. Und aufgrund der schlanken Kostenstruktur sei sein Preis-Leistungsverhältnis absolut konkurrenzfähig.
Lugers Begeisterung für seine Merino-Wäsche scheint grenzenlos. „Es macht extrem viel Spaß, dieses Produkt an die Kunden zu bringen. Zudem fühle ich mich zu fit, um nur im Kaffeehaus zu sitzen oder in den Urlaub zu fahren.“
Funktion zuallererst
Sein Sortiment besteht aus je zwei Shirts und Hosen für Damen und Herren. Vergrößern will er es nicht. „Ich habe lieber mehr Kunden, als mehr Artikel“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Auch Modefarben kann er wenig abgewinnen. „Für mich ist die Funktion das Allerwichtigste.“ VN-reh