Leistbarkeit trifft die Mitte
Steigende Wohnkosten laut Experten nicht mehr nur Problem Einkommensschwacher.
Schwarzach Wohnen wird für immer mehr Menschen nur mehr schwer leistbar. Wie stark die Mieten in Vorarlberg in den letzten Jahren gestiegen sind, zeigt eine Berechnung von Agenda Austria. So betrug der Anstieg zwischen 2010 und 2020 im Durchschnitt 45 Prozent pro Quadratmeter.
Der Erwerb von Wohnungseigentum ist gerade für junge Menschen angesichts steigender Kosten noch schwerer realisierbar. Die Arbeiterkammer warnte am Donnerstag bei der Präsentation ihres Standort-Ratings vor einem Auseinanderdriften von Löhnen und Wohnkosten und forderte deshalb eine Neugestaltung der Wohnbauförderung sowie mehr gemeinnützigen Wohnbau.
45 Prozent Plus
Dass die Mieten so stark gestiegen sind, liege an der gestiegenen Nachfrage und den steigenden Immobilienpreisen, erklärt Agenda- Austria-Ökonom Hanno Lorenz. Aber nicht nur. „Viele Mietverträge enthalten eine Anpassung an die Inflation. Erhöht sich die Inflation, steigen die Mieten. Steigen die Mieten, erhöht sich die Inflation. Dieser Kreislauf wird Wohnen in Zukunft weiter verteuern“, warnt er. „Sinken werden die Wohnkosten erst, wenn das Angebot schneller wächst als die Nachfrage und sich die Geldpolitik normalisiert.“
Familien unter Zugzwang
Aufgrund des aktuellen Mix aus steigenden Wohnkosten und Energiepreisen rechnet die Wohnungsberatung Kaplan Bonetti in Zukunft mit mehr Zulauf. Besonders von Wohnungslosigkeit bedroht seien Langzeitarbeitslose. Noch, so Beratungsleiter Michael Hämmerle, hätten viele dank staatlicher Maßnahmen in der Pandemie einen Jobverlust übertaucht und Reserven aufgelöst. Diese werden im Herbst aber aufgebraucht sein. „Krisen werden bei uns immer erst zeitverzögert schlagend“, sagt Hämmerle und rechnet in der Wohnungsberatung mit neuen Klientenschichten. „Alles wird teurer, da kommen auch viele Familien unter Druck.“ Betroffen sein werden vor allem Familien mit mehr als drei Kindern, Alleinerziehende und alleinstehende Pensionistinnen.
Jeden Cent umdrehen
Das Thema leistbares Wohnen betreffe aber nicht mehr nur Einkommensschwache, es sei im Mittelstand angekommen. „Wer in Vorarlberg ein Haus baut, muss zum oberen Drittel gehören“, formuliert es Michael Diettrich, Sprecher der Vorarlberger Armutskonferenz. Er geht davon aus, dass bereits bis zu 40 Prozent der Bevölkerung damit kämpfen, mit dem Einkommen auszukommen. „Die sind nicht arm, müssen aber jeden Cent dreimal umdrehen, jetzt sogar viermal.“ Seiner Ansicht nach braucht es eine Grundsicherung nach unten: „Was soll nach dem Zahlen der Wohnkosten übrig bleiben, um ein gutes Leben auf niedrigem Niveau zu ermöglichen? Da könnte man in der Wohnbeihilfe ansetzen.“ VN-reh