Hannes Androsch

Kommentar

Hannes Androsch

Mikroelektronik

Markt / 29.07.2022 • 22:20 Uhr

Die Mikroelektronik ist eine Schlüsseltechnologie für das digitale Zeitalter, entsprechend groß daher ihre Bedeutung. Überall, wo digitale Daten gesammelt, übermittelt, verarbeitet und gespeichert werden, sind mikroelektronische Elemente unentbehrlich. Sie sind der Schlüssel für die Funktion, Effizienz und Leistungsfähigkeit elektronischer Geräte. Diese betreffen inzwischen alle Lebensbereiche durch Internet und Computer, von Robotern über Smartphones zu Tablets. Sie ermöglichen die Anwendung von lernenden Algorithmen, künstlicher Intelligenz, GPS oder Blockchains. Somit bildet die Mikroelektronik immer mehr die Grundlage für Wirtschaft und Gesellschaft sowie zur Lösung der immer größer werdenden planetarischen Herausforderungen.

Die Führungsrolle bei dieser Technologie teilen sich die USA, Taiwan, Südkorea und Japan. China ist bemüht aufzuholen. Dies ist auch die Ursache für die diesbezügliche geopolitische Auseinandersetzung mit den USA um technologische Führerschaft. Europa hingegen hinkt hinterher. Deutlich größere Anstrengungen als bisher sind notwendig, um aufzuholen. Österreich spielt dabei mit dem Cluster Silicon Austria in Graz und Firmen wie AMS, AT&S, AVL, Infineon, u.a. eine wichtige Rolle. Sie alle stellen mikroelektronische Elemente von Mikrochips über Substrate bis zu Leiterplatten her. Damit hat sich in Österreich ein Nukleus für einen diesbezüglich europaweit bedeutenden Industriestandort gebildet. Diesen Erfolg gilt es weiterzuführen und auszubauen.

Im Zentrum müssen dabei Ausbildung, Forschung und Innovation stehen. Es gilt, die geförderten Talente und das generierte Wissen mit strategischer Weitsicht einzusetzen, um weitere lokale Produktionskapazitäten aufzubauen. Denn wie uns die Entwicklungen der vergangenen Monate und Jahre schmerzhaft gezeigt haben, sind Umstrukturierungen der globalen Lieferketten notwendig, um die Abhängigkeit von anderen Weltregionen zu verringern.

Politische Ansätze dafür wie der European Chips Act sind zu begrüßen, greifen aber zu kurz. Es macht keinen Sinn, internationale Großkonzerne mit Milliarden zu unterstützen, damit sie in Europa Mikrochips produzieren, die hier gar nicht weiterverarbeitet werden können. Es bedarf einer Förderung der gesamten Lieferkette, mit dem Ziel, die gesamte Produktion in Europa abzuwickeln. Daher braucht es eine nachhaltige Wirtschaftsförderung für Europa, ebenso für Österreich.

Die heimische Politik muss gezielt den Ausbau der Kapazitäten mit EU-Geldern ebenso wie mit eigenen bewirken. Mikroelektronik „Made in Austria“ erfordert Investitionen in Bildung, Forschung, Produktion und Infrastruktur, damit sich die Mikroelektronikindustrie wettbewerbsstark in Europa und der Welt weiter positionieren kann.

Hannes Androsch

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Dr. Hannes Androsch ist Finanz­minister i. R. und Unternehmer.