Blum tritt auf die Bremse

Markt / 23.09.2022 • 22:24 Uhr
Blum ist der größte Arbeitgeber in Vorarlberg. Das „flexible Arbeitszeitkonto“ soll ermöglichen, dass es auch so bleibt. Fa
Blum ist der größte Arbeitgeber in Vorarlberg. Das „flexible Arbeitszeitkonto“ soll ermöglichen, dass es auch so bleibt. Fa

Konsumstimmung sinkt, Lager voll. Firma drosselt Teilbereiche der Produktion.

Höchst Nachdem der Höchster Beschlägehersteller Blum die Corona-Pandemie überraschend gut überstanden hat und zwei Jahre in Folge den Umsatz zweistellig steigern konnte, beschäftigen Vorarlbergs größten Arbeitgeber und Beschläge-Marktführer nun weitere wirtschaftliche und auch geopolitische Faktoren: Nachfragerückgänge in einigen Märkten und anhaltende Herausforderungen entlang der Lieferketten haben zu vollen Lagern geführt.

Stochern im Nebel

Um den Warenfluss wieder in normale Bahnen zu lenken, trifft das Familienunternehmen nun entsprechende Vorkehrungen. „Wir haben zwar nach zwei Jahren mit überdurchschnittlicher Produktionsmengen klar mit einem Rückgang gerechnet. Aber die Schnelligkeit war wesentlich rasanter, als es vorherzusehen war. Trotzdem sind wir vorbereitet und bremsen in einigen Bereichen vorsichtig unsere Produktion, um so schnell wie möglich wieder den notwendigen Platz für die Lagerprozesse zu schaffen. Das funktioniert nur Schritt für Schritt, aber nur so erhalten wir die am Markt erforderliche Flexibilität“, erklärt Geschäftsführer Martin Blum.

Das hat Konsequenzen für rund 250 Mitarbeiter. Für die Mitarbeitenden in den relevanten Produktionsbereichen nutzt das Unternehmen in den nächsten Wochen verschiedene Möglichkeiten: Sie werden je nach Arbeitsbedarf in anderen Blum-Werken und Abteilungen eingesetzt, nutzen ihre flexiblen Zeitkonten und reduzieren Überstunden. Wenn Mitarbeitende in diesem Bereichen in den nächsten Wochen Urlaub nehmen, wollen, dann sei das willkommen, verordnet werden die Ferien allerdings nicht. Die betroffenen Kolleginnen und Kollegen vor allem in der Grundfertigung, die nun um rund 20 Prozent heruntergefahren wird, sind informiert. “Wir leiten diese Maßnahmen vorsorgend mit dem Ziel ein, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch in wirtschaftlich anspruchsvollen Zeiten halten zu können”, betont Geschäftsführer Philipp Blum. Zu einem Abbau von Mitarbeitern werde es nicht kommen, versichern die beiden Blum-Geschäftsführer.

Nachfrage differenziert

In den vergangenen Jahren habe man aufgrund der Engpässe in den Lieferketten,Schwierigkeiten in der Produktion und einer verstärkten Nachfrage der Endverbraucher nach Möbeln auch bei Blum die Lager gefüllt. Und die sind jetzt voll. „Wir waren uns bewusst, dass die Nachfrage zurückgehen wird“, doch dass es so schnell passiert, habe die Möbelindustrie und damit auch Zulieferer Blum nicht gerechnet. Man könne den Rückgang derzeit noch nicht an Zahlen festmachen, so Philipp Blum, denn die Rückgänge betreffen nicht alle Märkte und nicht alle Produktgruppen. Es gibt nach wie vor Bereiche bei Blum, die mit voller Kraft produzieren, genau in solchen Bereichen sollen die Mitarbeiter eingesetzt werden. Besonders getroffen hat die verhaltene Konsumstimmung die Hersteller von günstigen Küchen, die genauso „im Nebel stochern“ wie Martin Blum berichtet.

Lockdowns in China

„Besonders in Europa sind die Menschen verunsichert und investieren aktuell wenig in Möbel und ihr Zuhause“, so Philipp Blum. Zudem sorge die strenge Coronapolitik mit längeren Lockdowns in China dafür, dass in diesem sehr großen Markt die Nachfrage nach Möbeln stark zurückgegangen ist. Wie Blum selbst bei den Rohmaterialien haben auch viele Blum-Kunden große Lager angelegt und passen nun ihre Lagerbestände an. Das bekommt Blum seit Ende Juli zu spüren, mit der Folge, dass die Lager in Vorarlberg und Polen voll sind. Eine IT-Umstellung im Bereich Material- und Produktionsmanagement habe die Ein- und Auslagerungsprozesse zusätzlich erschwert. Nicht betroffen von den nun im Einvernehmen mit den Mitarbeitern und dem Betriebsrat gesetzten Maßnahmen sind die Werke in den USA, wo der Absatz nach wie vor hoch sei und China, das sich im Aufbau befinde. Dass man nun die Bremse ziehe, sei für die Mitarbeiter sicher nicht leicht. „Sie haben in der Coronazeit Übermenschliches geleistet, um uns lieferfähig zu halten und nun sind sie mit dem Gegenteil konfrontiert“, so Philipp Blum, der hofft, dass sich die Nebel bald lichten und unternehmerisch wieder auf Sicht gefahren werden kann. VN-sca

„Die verhaltene Konsumstimmung trifft besonders Hersteller von günstigen Küchen.“

Philipp (li.) und Martin Blum reagieren.Fa
Philipp (li.) und Martin Blum reagieren.Fa

Blum in Zahlen

Umsatz 2021 2,643 Mrd. Euro (+11,2 Prozent)

Mitarbeiter ca. 7000 in Vbg, über 9400 weltweit

Wichtigste Märkte Europa (44%), USA (13%), 120 Länder insg.

Investitionen 2021 339 Mill. Euro

Werke 8 in Vbg, 4 USA, Polen, China, Brasilien