90 Prozent zu Bedürftigen erklärt

Markt / 20.10.2022 • 22:04 Uhr
Von der Regierung erwartet sich Franz Schellhorn, dass man den Ängsten der Menschen mit Wahrheit, aber auch mit Lösungen begegnet. vn/Rhomberg
Von der Regierung erwartet sich Franz Schellhorn, dass man den Ängsten der Menschen mit Wahrheit, aber auch mit Lösungen begegnet. vn/Rhomberg

Franz Schellhorn (Agenda Austria) kritisiert Gießkannenprinzip bei Hilfen wie Klimabonus.

Schwarzach Der Blick auf die Welt offenbart derzeit viele Krisenherde. Energie und Teuerung sind zwei davon, die die Menschen in Atem halten. Die Bundesregierung versucht, mit Maßnahmen wie dem Klimabonus dagegenzuhalten. Für Franz Schellhorn, Direktor der Denkfabrik Agenda Austria, ist der Fakt, dass alle Bürger in den Genuss dieser Hilfen kommen, aber ein Fehler. „Wer mit der Gießkanne durch das Land spaziert, erhebt nicht den Anspruch auf Treffsicherheit. Statt sich gezielt um die Ärmsten zu kümmern, erklärt die Bundesregierung 90 Prozent der Bevölkerung zu Bedürftigen“, kritisiert er.

Mentaler Schaden

Das koste unglaubliche Summen, die auf Rechnung der nachkommenden Generationen gehen. Dazu komme der mentale Schaden. „Seit Corona erklärt sich der Staat für jede finanzielle Unbill zuständig und die Bürger erwarten auch vom Staat, für alle Kosten schadlos gehalten zu werden. Das werden wir nicht lange durchhalten.“

Auch sei es nicht sinnvoll, die höheren Energiekosten abzufedern und gleichzeitig die Menschen dazu anzuhalten, Energie zu sparen. „Das ist, als ob man Gas gibt, obwohl man auf der Bremse steht“, sagt Schellhorn im VN-Gespräch.

Den größten Hebel in der Energiekrise sieht er übrigens im Weinviertel (NÖ) verortet. Denn dort würden Gasreserven vermutet, die den Bedarf der nächsten 30 Jahre decken könnten. 2012 gab es bereits Probebohrungen. Letztlich legte die OMV die Pläne aber nach heftigem Widerstand der Bevölkerung ad acta. „Dass man auf diesen Schatz verzichtet, ist ein Luxus, den wir uns nicht leisten können“, so Schellhorn. Denn man werde Gas auch als Brückentechnologie für den Ausbau der Erneuerbaren Energieträger brauchen.

Lob und Kritik

Für das Budget 2023 hat Schellhorn lobende wie mahnende Worte. Dass die kalte Progression abgeschafft werde, sei sehr erfreulich. „Dafür gebührt Finanzminister Brunner Lob und Anerkennung.“ Gar nicht erfreulich sei jedoch, dass es keinerlei Strukturreformen gebe und deshalb bis 2026 neue Defizite geschrieben würden. Das sei gegenüber der jüngeren Generation unverantwortlich. Vor allem auch, weil jedes Jahr fast die gesamten Lohnsteuereinnahmen im Pensionsloch versenkt würden. Dabei wäre es für Schellhorn schon ein Fortschritt, wenn die Menschen nur ein paar Monate später in Frühpension gehen würden oder es die Möglichkeit gäbe, steuerfrei für die Pension vorzusorgen. „2050 haben wir in Österreich 300.000 weniger Erwerbstätige, aber eine Million mehr Pensionisten. Diesen Fakten darf man sich nicht verschließen.“

Gefahr einer Stagflation

Genauso wenig davor, dass im kommenden Jahr eine Stagflation drohe, also ein Mix aus stagnierender Wirtschaft und hoher Inflation. „Denn da nutzen die üblichen Krisenwerkzeuge – der Staat investiert und die Zinsen werden gesenkt – nichts. Denn das würde nur die Inflation zusätzlich anheizen“, betont der Agenda Austria-Direktor. Hier sei die EZB gefragt, denn es brauche mehrere kleinere Zinserhöhungen. „Die Stagflation ist neben der Energieversorgung derzeit die größte Gefahr.“ VN-reh