Inflation und Zinsen, was können wir erwarten?

Wien Rückblickend waren im Vorjahr alle Prognosen zu Inflation und Zinsen für 2022 komplett falsch, was im Wesentlichen auf die dramatische Änderung der geopolitischen Lage durch den Angriff Russlands auf die Ukraine und der damit ausgelösten Veränderung am Energiemarkt in Europa zurückzuführen ist. Obwohl wir also im Vorjahr völlig falsch lagen, wagen wir auch Ende 2022 erneut einen Blick in die Glaskugel. Als erstes vorweg, wir nehmen an, dass die geopolitische Situation in den nächsten beiden Jahren nicht wesentlich anders sein wird als heute. Unter dieser Annahme glauben wir, dass die Inflationsrate in Österreich wohl noch bis Februar zweistellig bleiben wird, über den Sommer dann in Richtung fünf Prozent fällt und zu Jahresende 2023 dann zwischen drei und vier Prozent sein wird, 2024 könnten wir dann im Herbst wieder einen Zweier vor dem Komma haben. Im Durchschnitt bedeutet dies nächstes Jahr nochmals zwischen sechs und sieben Prozent Inflation in Österreich, nach 8,5 Prozent heuer, 2024 dann rund 3,5 Prozent.
Wir nehmen daher an, dass die EZB die Zinsen noch um rund ein Prozentpunkt erhöhen wird, von derzeit 1,75 Prozent auf 2.75 Prozent, dies alles noch im ersten Quartal 2023. Ab dann dürften die Zinsen wohl ein Jahr auf diesem Niveau bleiben, ab dem Sommer 2024 erwarten wir sogar wieder eine Zinssenkung, bis Jahresende rund 0,75 Prozentpunkte auf etwa zwei Prozent. Langfristige Zinsen könnten dann ebenfalls etwas sinken, vielleicht sogar leicht unter die heutigen Werte. Aber die Unsicherheiten sind heute größer als in den vergangenen Jahren.
stefan.bruckbauer@unicreditgroup.at, Stefan Bruckbauer, Chefvolkswirt der Bank Austria Unicredit, Economics & Market Analyses