“Kein alltägliches Verfahren”

Markt / 18.01.2023 • 19:38 Uhr
Aktenstapel zur Causa bei der Vorarlberger Landesregierung - doch nicht alles ist dokumentiert. FA
Aktenstapel zur Causa bei der Vorarlberger Landesregierung – doch nicht alles ist dokumentiert. FA

Genehmigung der Anschlussbahn Lorüns: Heftige Reaktionen auf “bürokratische Schikane” des Landes.

Lorüns, Bregenz Wenn man dem Bewilligungsverfahren für die Anschlussbahn zum Zementwerk Lorüns, das nun schon 608 Tage dauert und über welches die VN aktuell berichteten, etwas Positives abgewinnen will, dann das, dass die Mitarbeiter im Vorarlberger Landhaus weisungsfrei arbeiten. Weder der zuständige Wirtschaftslandesrat Marco Tittler, Mobilitätslandesrat Daniel Zadra noch Landeshauptmann Markus Wallner, der ebenfalss über die Sache vom Antragsteller schriftlich informiert wurde, haben sich in das Verfahren eingemischt oder gar Weisungen an den zuständigen Beamten Dr. Rainer Forster erteilt.

„Keinen Nachteil“

Zum Verfahren und der Verfahrensdauer, die am Mittwoch sowohl aus der Wirtschaft als auch der Politik zu vielen Reaktionen führte, haben die Landesräte Daniel Zadra, der für Mobilität zuständig ist, und Tittler, der für Verkehrspolitik und Verkehrsrecht verantwortlich zeichnet, Stellung genommen. Gleich vorweg: Es sei beiden ein Anliegen, dass die Anschlussbahn auch tatsächlich genehmigt werde. Zadra stellte gegenüber den VN auch klar, dass sein Ressort mit der Genehmigung überhaupt nichts zu tun habe. Er hoffe, dass die Genehmigung so bald wie möglich erteilt werde, aus seinem Bereich liege nichts vor, was dagegen spreche. Der langjährige Bürgermeister von Gaschurn, Heinrich Sandrell, bringt es auf den Punkt: „Eine Sauerei sondergleichen  –  das hat nichts mehr mit Bürokratieabbau zu tun,  wenn  das Land  seit gezählten  607  Tagen die Genehmigung für den wichtigen Güterzugterminal   Lorüns verhindert. Unternehmer stellten sich eher die Frage, ob eine Öffentlichmachung des Verfahrens nicht bei folgenden Anliegen an die Behörden zu Schwierigkeiten führen könnte, formulieren sie gegenüber den VN und dem Antragsteller Horst Böhler Bedenken. „Ich lasse auf keinen Fall zu, dass das zu Benachteiligungen führt“, versichert Tittler, mit dieser Befürchtung konfrontiert.

„Komplexes Verfahren“

„Das Verfahren zur Wiederinbetriebnahme der Anschlussbahn Zementwerk Lorüns ist äußerst komplex, beinhaltet mehrere Teilverfahren sowie Rechtsmaterien und umfasst neben notwendigen Genehmigungen nach dem Eisenbahngesetz auch die Gewährleistung eines sicheren Anlagenzustandes sowie eines ordnungsgemäßen Eisenbahnbetriebes“, erklärt Landesrat Tittler die überlange Dauer des Zulassungsverfahrens: „Neben der Vorarlberger Landesregierung als Eisenbahnbehörde sind auch die Gemeinde Lorüns, die Bezirkshauptmannschaft Bludenz und weitere Parteien wie zum Beispiel das Verkehrsarbeitsinspektorat mit Sitz in Wien involviert. Im Rahmen der Verfahren wurde eine Vielzahl von Besprechungen und Abstimmungsgesprächen durchgeführt, gleichzeitig mussten mehrfach für die Genehmigung notwendige Unterlagen nachgefordert und aufbereitet werden, da diese dem Antrag nicht vollständig beilagen. Somit bestand regelmäßiger Kontakt und Austausch mit dem Antragsteller“. Dass die Firma Böhler und Sohn die Unterlagen nicht beigebracht habe, relativiert Tittler im Gespräch: „Es ist auch für uns kein alltägliches Verfahren.“ Die Antragsteller brachten jene Akten bei – und das lässt sich auch im Briefverkehr, der den VN vorliegt nachvollziehen – die der zuständige Beamte im Amt der Landesregierung bei seinem „Lernprozess“ in Sachen Anschlussbahn-Genehmigung peu à peu benötigte.

Hätte die Firma Böhler und Sohn beim Kauf 2011 die im Zementwerk vorhandenen Dokumente zur 1915 erfolgten Genehmigung der Anschlussbahn nicht gesichert,  hätte sich der Behördenkontakt noch viel schwieriger gestalten können – dann nämlich hätte ein komplettes Genehmigungverfahren gedroht.

„Einer der letzten Schritte“

Wie soll es weitergehen? „Als einer der letzten Schritte, um dieses komplexe Verfahren abschließen zu können, ist jetzt noch eine Verordnung der Standortgemeinde zu erlassen. Von der Gemeinde Lorüns wurde ein entsprechender Entwurf einer Verordnung bereits erstellt, welcher zwingend Voraussetzung für eine Genehmigung durch die Landesregierung ist“, so Tittler in der Causa „Güter auf die Schiene“. Der Entwurf der Gemeinde werde zur Stunde durch das Verkehrsarbeitsinspektorat des Bundes geprüft und es sei davon auszugehen, dass diese Verordnung in den nächsten Tagen durch die Gemeinde erlassen werden könne. Sobald dies passiert ist, kann die Landesregierung den als Entwurf bereits vorliegenden und vorbereiteten Bescheid erlassen“, lässt Tittler auf ein Ende dieser Behördenodyssee hoffen. Doch darauf ließen auch etliche Schreiben des „Gefertigten“, wie sich der Verkehrsjurist gerne bezeichnet – hoffen, in welchen er die baldigste Genehmigung avisierte. VN-sca

Horst und Christian Böhler kämpfen seit Mai 2021 um die Wiederinbetriebnahme der Bahn. VN/RP
Horst und Christian Böhler kämpfen seit Mai 2021 um die Wiederinbetriebnahme der Bahn. VN/RP
Marco Tittler: Bemüht um schnellstmögliche Genehmigung. VN/Paulitsch
Marco Tittler: Bemüht um schnellstmögliche Genehmigung. VN/Paulitsch