Vom Belcanto zum Balsamico

Wie der Bludenzer Opern-Tenor Herwig Pecoraro im Essig eine neue Leidenschaft fand.
BLUDENZ Herwig Pecoraro sang auf den großen Bühnen der Welt, war nicht nur über viele Jahre Ensemble-Mitglied in der Wiener Staatsoper, sondern auch Aufsichtsrat und Präsident der Solisten. Dabei wollte der nunmehr 66-Jährige eigentlich Koch werden, die Eltern wollten aber, dass er zur Gendarmerie geht. Frei nach dem „Glaub an dich“-Slogan der Sparkasse Bludenz, die am Dienstag Gastgeber der 100. Veranstaltung von UnternehmerIn sein heute war, entschloss sich der Bludenzer später aber doch für eine Musikkarriere.
In Modena studiert
Auch deshalb, weil ihn die bekannte österreichische Opern-Diva Elisabeth Schwarzkopf während ihres Urlaubes im Montafon förderte, als sie ihn singen hörte. „Gehen Sie nach Modena, dort lernen Sie auch das Italienische, das Ihrer Stimme noch fehlt“, forderte die Sopranistin ihn auf. Pecoraro folgte ihrem Rat, lernte aber in der norditalienischen Stadt nicht nur seine Liebe zum Belcanto kennen, sondern auch zum Balsamico. „Die Welt der Musik hatte mir Türen geöffnet, die mir sonst verschlossen geblieben wären“, gab er in der Remise auf humorvolle Art Einblicke in sein bewegtes Leben. Da er durch seine beeindruckende Sängerkarriere mit den Opernstars Luciano Pavarotti und Mirella Freni befreundet war, wurde der Vorarlberger in die Geheimnisse des „Essigmachens“ eingeweiht. Und zwar des „Aceto Balsamico tradizionale“, wie er betont. Dieser wird in einem ganz besonderen Verfahren hergestellt und reift in speziellen Fässern bis zu 15 Jahre lang. Pecoraro war davon so begeistert, dass er beschloss, in seiner Wahlheimat Niederösterreich eine Acetaia, also ein Weingut, aufzubauen. „Jedes Engagement, das ich als freiberuflich tätiger Sänger hatte, habe ich in Fässer umgerechnet.“ Sprich, seine Gagen steckte er in sein Hobby, das im Laufe der Zeit immer mehr zum zweiten Standbein wurde. „Spätestens jetzt war ich in der Welt des Unternehmers angekommen – mit aller Blauäugigkeit“, so der nunmehrige Pensionist, der seine Firma auf seinen Sohn Mario überschrieben hat.
Begnadete Musiker
Wie der Vater, ist auch der „junge Pecoraro“ ein begnadeter Musiker. Und mindestens auch so umtriebig. Denn gemeinsam riefen sie das Projekt „Pecoraro & Pecoraro“ ins Leben. Unter dem Motto „Pop meets classic“ verbindet das kongeniale Duo zwei unterschiedliche Musikrichtungen im großen orchestralen Stil. Im März gaben sie zwei ausverkaufte Konzerte in Bludenz. Und wie könnte es anders sein, ist schon die nächste Generation dran, in die Fußstapfen der Pecoraros zu treten. „Ein Projekt mit meinen Enkel Oscar ist im Entstehen“, verriet der sich im Unruhestand befindliche Opern-Tenor zum Abschluss der Veranstaltung im vollen Remise-Saal. CRO





