Rauer Wind: “Erwarten im Wohnbau einen Rückgang von über 50 Prozent”

Die KIM-Verordnung und hohe Zinsen machen den Vorarlberger Bauunternehmen zu schaffen.
Hohenems Es herrscht ein rauer Wind am Bau, sagen die Verantwortlichen. „2023 war ein turbulentes Jahr und die Befürchtungen, die wir anfangs hatten, haben sich bewahrheitet“, sagt Hilmar Müller, Geschäftsführer der Innung Bau. Nicht nur, dass die Zinsen stiegen, vor allem die KIM-Verordnung sei der größte Hemmschuh. Diese legt fest, dass Wohnbaukredite nicht mehr länger als 35 Jahre laufen dürfen. Zudem muss der Eigenmittelanteil mindestens 20 Prozent betragen und die Rückzahlungsrate darf maximal 40 Prozent des verfügbaren Nettoeinkommens ausmachen.

Umfrage pessimistisch
Auch die aktuelle Umfrage unter Vorarlberger Baufirmen bestätigt die missliche Lage. „Die aktuelle Auftragssituation wird um 25 Prozent schlechter beurteilt als noch vor einem Jahr. Für das erste Halbjahr 2024 wird ein Rückgang um 30 Prozent erwartet, im Wohnbau sogar um 50 Prozent“, betont Bau-Innungsmeister Johannes Wilhelm (Wilhelm+Mayer Bau).

Sanierungsbereich wächst
Nur im Sanierungsbereich werde von den Bauunternehmen ein Plus von sechs Prozent prognostiziert. Die Hoffnungen liegen daher auf dem öffentlichen und dem gewerblichen Bau. „Im öffentlichen Hochbau liegen die Erwartungen bei einem Minus von elf Prozent, während die Auftragslage im Tiefbau stabil bleiben soll. Im Industrie- und Gewerbebau rechnet man mit einem Rückgang um zehn Prozent“, so Wilhelm.
Über ein Drittel
Günther Ammann (Panorama Wohnbau), Sprecher der Vorarlberger Immobilien- und Vermögenstreuhänder, skizziert die Bedeutung der Zahlen. „Der Wohnbau hatte zuvor einen Anteil von über einem Drittel an der gesamten Bauproduktionsleistung im Land. Dieser ist nun zum Erliegen gekommen. Viele Firmen haben ihre Aktivitäten in diesem Bereich eingestellt.“ Gerade durch die KIM-V würden junge Menschen daran gehindert, Eigentum zu erwerben. Ihnen werde die Zukunftsperspektive genommen. Deshalb gehöre diese Verordnung dringend abgeschafft. „Ohne KIM-V wären die Bedingungen ja gut. Die Immobilienpreise sind stabil und auch die neue Wohnbauförderungsrichtlinie trägt dazu bei.“

“Viele gehen erst gar nicht zur Bank”
Die Kritik, dass viele Banken die Ausnahmekontingente für Kredite, die eigentlich nicht den Bedingungen von KIM-V entsprechen, nicht voll ausschöpfen, müsse man relativieren. „Viele gehen gar nicht mal mehr zur Bank, weil sie eh denken, sie bekommen keinen Kredit“, erklärt Müller.
Außerdem müsse man die Baunutzungszahlen erhöhen. „Das liegt immer noch im Ermessen eines jeden Bürgermeisters, wie restriktiv diese gehandhabt werden“, so Ammann. Leider würden die oft der gesellschaftlichen und ökosozialen Entwicklung hinterherhinken.

Licht am Ende?
Licht am Ende des Tunnels zu sehen, sei derzeit schwierig, sagen die Verantwortlichen. Positiv sei aber auf jeden Fall, dass die Firmen an ihren Mitarbeitern festhalten. 4100 sind es derzeit, davon 210 Lehrlinge. Der Bau sei nach wie vor krisenerprobt. Das habe man in den vergangenen Jahren immer wieder bewiesen. Dringend benötigt würden nun positive Signale, wie beispielsweise die Abschaffung der KIM-V oder eine Zinssenkung.