„Das Diskutieren verlernt“

Unternehmer und JWV-Vorsitzender Tim Mittelberger warnt vor Spaltung der Gesellschaft.
Schwarzach Die Junge Wirtschaft setzt sich dafür ein, dass junge Unternehmer und Führungskräfte die besten Rahmenbedingungen für ihre Tätigkeit haben. 600 Mitglieder sind in Vorarlberg aktiv. Vorstandsvorsitzender ist Tim Mittelberger (32). Fragt man den Geschäftsführer der Mittelberger GmbH („Dorfelektriker“) zu den drängendsten Themen, bereitet ihm eines besonders Sorge – die Spaltung der Gesellschaft.
Gesunde Streitkultur pflegen
„Wir haben es in den vergangenen Jahren verlernt, zu diskutieren, eine gesunde Streitkultur zu pflegen. Es gibt nur Schwarz oder Weiß, dafür oder dagegen“, sagt Mittelberger. Besorgt blickt er dabei auf das heurige „Superwahljahr“. „Vieles ist geprägt von Populismus und Polarisierung.“
Die Digitalisierung der Kommunikation – Stichwort Soziale Medien – würde ihres dazu beitragen. „Die Anonymität bietet einen Schutzraum für Hass-Kommentare.“ Man habe schlichtweg verlernt, an einem Tisch zu sitzen und miteinander respektvoll zu diskutieren. Also den eigenen Standpunkt zu vertreten, ohne dem Gegenüber dessen Meinung, auch wenn sie konträr ist, abzusprechen. „Wir müssen mehr Empathie lernen, dem Gegenüber zuhören anstatt nur die eigenen Interessen in den Vordergrund zu stellen“, sagt Mittelberger.
Er will mit seinem Vorstandsteam aktiv gegen die Spaltung vorgehen, Vorbild sein, eine gesunde Streitkultur fördern. „Man darf nicht in einer Opferrolle verharren. Wenn man mit etwas unzufrieden ist, sollte man etwas dafür tun, um es zu verändern. Man darf ruhig Eigenverantwortung übernehmen. Wir selbst wollen Vorbild sein, aber wir brauchen alle dazu.“ Auch die Politik dürfe dabei ruhig ihre Vorbildfunktion wahrnehmen. Weshalb Mittelberger das Thema so wichtig ist, liegt auch am eigenen unternehmerischen Tun. „Viele Unternehmer und Führungskräfte erleben diese Spaltung in der eigenen Firma. Auch ich.“ Oft gebe es verschiedene „Bubbles“ (Blasen), wo verschiedene Meinungen aufeinandertreffen. „Als Führungskraft fordert uns das sehr. Es gilt, lösungsorientiert zu arbeiten und im Diskurs zu bleiben“ betont der Unternehmer.
Empathie zeigen
Empathie zu zeigen, bedeute, die Bedürfnisse der Mitarbeiter, deren Meinung oder Situation zu verstehen. „Die Aufgabe zu führen wird nicht einfacher, denn die Anforderungen werden immer unterschiedlicher. Umso wichtiger ist es, klar zu kommunizieren. Es gibt keine einfachen Lösungen, die Lösung liegt oft dazwischen“, so Mittelberger, der selbst in seinem über 100 Mitarbeiter starken Unternehmen auf persönliche Kommunikation setzt. Von Angesicht zu Angesicht, zusammen an einem Tisch. VN-reh