“Zinssenkung nicht vor Sommer”

Markt / 25.01.2024 • 19:32 Uhr
Michael Alge, Vorstandsvorsitzender Raiffeisen Landesbank Vorarlberg. fa
Michael Alge, Vorstandsvorsitzender Raiffeisen Landesbank Vorarlberg. fa

EZB lässt Leitzinsen trotz zunehmender Konjunktursorgen unverändert bei 4,5 Prozent.

Frankfurt, bregenz Die Europäische Zentralbank (EZB) pausiert auch im neuen Jahr und lässt die Leitzinsen erneut unverändert. Die Hüter des Euro um EZB-Präsidentin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag auf ihrem ersten geldpolitischen Treffen 2024, den Schlüsselzins bei 4,50 Prozent zu belassen. Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, bleibt weiter auf dem Rekordniveau von 4,00 Prozent.

Die Euro-Wächter hatten im Kampf gegen die hohe Inflation seit Sommer 2022 zehnmal in Serie die Zinsen angehoben, zuletzt geschah dies im September. Seitdem blieb sie auf dem erreichten Zinsplateau, da die Inflation inzwischen deutlich nachgelassen hat. Lagarde hatte beim Weltwirtschaftsforum in Davos gesagt, die Notenbank befinde sich mittlerweile auf einem guten Weg, die Inflation in der Eurozone auf die angesteuerte Zielmarke von 2,0 Prozent zurückzudrängen. Es sei aber noch zu früh, den Sieg zu erklären.

Frühestens im Sommer

Und wie geht es weiter? Werden Zinssenkungen bald folgen? Michael Alge, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen Landesbank Vorarlberg, erwartet eine erste Zinssenkung frühestens im Sommer: „Die Europäische Zentralbank wird in den nächsten Monaten die Entwicklung der Wirtschafts- und Inflationsdaten sehr genau verfolgen und eine erste Zinssenkung vornehmen, wenn insbesondere die Inflationsdaten und deren Aussichten eine solche zulassen. Ziemlich klar ist, dass wir den Höhepunkt im aktuellen Zinserhöhungszyklus gesehen haben.“

Zeitpunkt und Umfang von möglichen Zinssenkungen seien aber von den Wirtschaftsdaten der kommenden Monate abhängig. „Speziell für Sparer bietet das aktuelle Umfeld weiterhin interessante Veranlagungsmöglichkeiten“, erklärt Alge. „Kreditnehmer werden sich wohl noch ein wenig gedulden müssen, bis die Zinssätze für variable Kredite wieder wesentlich fallen werden.“

Vorsicht geboten

Bei der Denkfabrik Agenda Austria mahnt man bezüglich Zinssenkungen zur Vorsicht. „Es ist zu früh, davon zu sprechen, dass die Inflation besiegt wäre. Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass zu frühe Zinssenkungen die Inflation wieder befeuert und die Mühen der vergangenen Monate zunichtegemacht haben“, erklärt Agenda-Austria-Ökonom Hanno Lorenz.

Die EZB solle nicht den Fehler machen und die Inflation – wie schon vor zwei Jahren – unterschätzen. „Zinssenkungen sollte sie erst in Aussicht stellen, wenn die Daten robust dafürsprechen.“ VN-reh

Ökonom Hanno Lorenz von der Denk­fabrik Agenda Austria. fa/Mayr
Ökonom Hanno Lorenz von der Denk­fabrik Agenda Austria. fa/Mayr